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Mein bester Feind

Gefälschte Kunst und falsche Prioritäten

Erst MEIN FÜHRER, dann MEIN KAMPF und jetzt MEIN BESTER FEIND – Possessivpronomen scheinen wichtig zu sein, wenn sich Deutschland oder dessen Nachbarn an Komödien über das Dritte Reich versuchen. Hier haben Österreich und Luxemburg unter Murnbergerscher Regie im Historischen gewühlt, um diesem ernsten Thema Tragikomisches zu entreißen. Nun, der Versuch schlug fehl: Ohne die potentielle Kontroverse würde das Ergebnis wohl kaum Aufmerksamkeit erlangen.

Doch gehen wir es langsam an und lernen Victor (jüdischer Galeristensohn) und Rudi (quasi-brüderlicher Sproß der Haushälterin) kennen, hinzu gesellt sich eine Michelangelo-Skizze im Besitz von Victors Eltern. Diese – abzüglich eher blasser Nebenfiguren – Dreierkonstellation aus Fleisch und Kunst gerät in die Kriegsmühlen, worauf Rudi machtgierig der SS beitritt, Freund Victor verrät, das Kleinod beschlagnahmt und seine Zweitfamilie ins KZ schickt. Wie es das Schicksal allerdings will, tauschen Sträfling und SS-Mitläufer bald ihre Kleider, ergo nach außen die Seiten. Und besagter Michelangelo erweist sich als Fälschung ...

Was Murnberger an solchem Stoff gereizt haben mag, läßt sich abseits der gängigen Interviewbekundungen bloß vermuten. Sollte dem Mann Satirisches im Stile Chaplins oder Lubitschs vorgeschwebt haben, ging es im Erstarren vor dem Sujet verloren, denn außer dämlichen Nazis fiel ihm wenig ein. Oder versteckt sich der Witz im Ausstattungsbombast, übertönt ihn das Rascheln gewechselter Kostüme? Vielleicht wollte die Ironie ja auch den handelnden Personen und deren Konflikten nichts an Zündstoff nehmen, obgleich sich dieser auf Eindimensionalitäten beschränkt, was Hauptdarsteller Moritz Bleibtreu mit bekanntem Grinsen quittiert. Na ja: Was bleibt andererseits zu tun, wenn das Skript selbst den Tod eines Familienmitglieds durch zwei, drei Tränen widerwillig abhakt.

Nehmen wir also den hingeworfenen Zeithintergrund weg. Was steht dann in der Differenz? Eine Schnitzeljagd auf das wertvolle Papier, so dünn wie das Objekt ihrer Begierde, voll Standardverwicklungen und -situationen. Murnberger muß indes große Stücke darauf halten: Nicht allein, daß der Schatzsuche übermäßig viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, nein. Er bereitet außerdem die – vom aufmerksamen Zuschauer früh in allen Details identifizierte – Pointe derart lange vor, daß ihre Originalität schlicht verpufft.

Österreich/Luxemburg 2011, 105 min
FSK 12
Verleih: Neue Visionen

Genre: Tragikomödie, Historie

Darsteller: Moritz Bleibtreu, Georg Friedrich, Udo Samel, Marthe Keller

Stab:
Regie: Wolfgang Murnberger
Drehbuch: Wolfgang Murnberger

Kinostart: 01.09.11

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...