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Mitte Ende August

Macht doch, was Ihr wollt!

Von Hamburg ins Grüne, wo das eigene Haus wartet: für Hanna und Thomas ein ­(Sommer-)Traum. Egal, daß sich die neue Heimstatt als Bruchbude erweist, welche dringend renoviert werden muß. Paare schaffen alles! Man werkelt, sitzt am Lagerfeuer und ist schrecklich verliebt. Aber im Kino wie im Leben gibt es Idyllen bloß ihrer Zerstörung wegen, und deshalb ziehen erste Wolken auf, als Thomas seinen Bruder Friedrich einlädt, mit dem Hanna nicht kann. Quasi ausgleichend schleppt Hanna ihre Patentochter an, und schon bricht die Harmonie zusammen. Denn nun hocken da vier Menschen beieinander, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede entdecken, Beziehungen in Frage stellen, bislang verborgene Konflikte offen austragen ...

MITTE ENDE AUGUST ist primär eine Studie in der Kunst des Schauspiels, was jedoch leider nicht unbedingt als Lob verstanden werden darf. Denn hier trifft ein grundsätzlich befähigtes Ensemble aufeinander, findet aber kaum zur gemeinsamen Leistung, weil jeder seinen eigenen Stil präferiert. Milan Peschel beispielsweise agiert nach außen, theatralisch eben. Marie Bäumer wiederum neigt zur zurückhaltenden, auf Innerem gebauten Mimik. Und so weiter ... Mit der Folge, daß man fröhlich nebeneinander, häufig gar glatt aneinander vorbei spielt. Da mag sich Peschel im Interview noch so sehr darüber freuen, welchen Freiraum Regisseur Sebastian Schipper seinen Künstlern gewährt; ein wenig straffes Durchgreifen wäre dennoch wünschenswert gewesen.

Auch sonst scheint Stringenz kaum in Schippers Absicht gelegen zu haben, worüber unter anderem eine seltsame Montage Auskunft gibt. Manche Szenen wirken derart wüst geschnitten, als hätte man sie mal eben aus einem Best Of verschiedener Takes zusammengestückelt. Was das Gesamtergebnis nicht zwangsläufig zum negativen Gegenteil verkehrt, allerdings wirklich starke Sequenzen in ihrer Wirkung schmälert. Alltägliche Bitterkeiten à la „Schön, daß Du Dich freust ...“ beziehungsweise veritable Dialogzeilen wie „Richtig spannend wird es erst bei der Unwahrheit“ verlieren so nämlich an Kraft.

Überhaupt hinterläßt Schipper als Regisseur und Autor immer dann den größten Eindruck, wenn er mal keine emotionalen Ausbrüche oder effekthascherisch von der Leinwand winkenden Metaphern inszeniert. Daß er es tatsächlich kann, beweist nicht nur – aber auch – ein unerwartet stilles, ergreifendes Ende.

D 2008, 92 min
Verleih: Senator

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Marie Bäumer, Milan Peschel, Anna Brüggemann, André Hennicke, Gert Voss

Stab:
Regie: Sebastian Schipper
Drehbuch: Sebastian Schipper

Kinostart: 30.07.09

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...