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Nußknacker und Mausekönig

Einfaltspinselei sehr frei nach E.T.A. Hoffmann

Schneegestöber in Sankt Petersburg - es ist Heiligabend. Auf dem Weg nach Hause erspähen Klara und ihr verzogener Bruder Nicholas den Laden des Magiers Drosselmeyer. Mit seinem verwunschenen Spielzeug hat er Halt gemacht, um dem verträumten Mädchen die Geschichte vom Nußknacker zu erzählen. Einst war dieser ein Prinz, eitel und gemein. Er schikanierte seine Bediensteten und wurde durch eine Zaubernuß in eine hölzerne Figur verwandelt. Der Zauber kann nur mit Hilfe einer liebevollen Person rückgängig gemacht werden. Ist Klara vielleicht die Richtige? Doch die Gegner sind nicht zu unterschätzen: der gemeine Mausekönig und seine Schergen.

Eine verwunschene Holzfigur bekämpft heimtückische Nager mit Hilfe einer jungen Frau, die unter leichtem Realitätsverlust leidet. Von Zeit zu Zeit erklingen sogar Takte aus Tschaikowskys berühmtem Ballett. Passend zur Vorweihnachtszeit kommt also eine Kinoversion von E.T.A. Hoffmanns großartigem Märchen für Jung und Alt? Mitnichten, NUSSKNACKER UND MAUSEKÖNIG erfreut höchstens die allerjüngsten Semester, denen auch die Teletubbies noch so richtig Spaß machen. Allen Zuschauern jenseits dieser Schallgrenze rauben die Dauerquasselei sämtlicher Figuren und vor allem die anstrengenden Sprüche zwischen Altherrenwitz und Ballermann den letzten intakten Nerv. Nur noch Figurennamen und Grundsituation erinnern vage an die Märchenvorlage. An sich ist gegen eine gute Neuauflage nichts einzuwenden. Doch hinkt das Drehbuch, als wäre es selbst aus Holz geschnitzt, ganze Dialoge werden wiederholt, so daß selbst Kinder ermüdet die Augen verleiern. Ja, nur ein wahrer Träumer kann dem Prinzen helfen, wir haben es kapiert! Und wenn es an sich nicht mehr schlimmer kommen kann, wird ein Pop-Song geschmettert, der schlimmste Disney-Vokalausrutscher untertrifft.

Die zahlreichen Anspielungen ("Ein Königreich von irgend jemandem für ein Pferd!") werden den Kindern entgehen, die Erwachsenen dürften unter der infantilen Überfrachtung des Spektakels leiden. So schafft’s der Film, so gut wie jede Zuschauergruppe für dumm zu verkaufen - eine beachtliche Leistung. Diese lieblose Einfaltspinselei möchte eine Alternative zu großangelegten Animationsprojekten sein, ist aber schlichtweg ebenso phantasie- wie respektlos. Schade.

D 2004, 82 min
Verleih: MC One

Genre: Animation, Kinderfilm, Märchen

Stab:
Regie: Michael Johnson, Tatjana Ilyina
Stimmen: Hannes Jaenicke, Rufus Beck

Kinostart: 02.12.04

[ Roman Klink ]