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One Day In Europe

A little english? Man spricht Fußball!

Hannes Stöhr, der 2001 in BERLIN IS IN GERMANY von einer späten Ankunft im wiedervereinigten Deutschland erzählte, macht sich diesmal europäische Gedanken. Sie sind nicht kompliziert oder vergrübelt, ja noch nicht einmal furchtbar originell. Aber sie ranken sich um eine Idee von vielleicht prophetischer Kraft: Galatasaray Istanbul und Deportivo La Coruña spielen in Moskau um den Sieg in der Champions League. Was in der EU noch nicht zusammengeht, schafft hier die UEFA - endlich mal eine europäische Vision, für die sich doch immerhin Fußballfans begeistern können.

Vor dem Hintergrund des fiktiven Final-Spieles trägt Stöhr vier ganz unsportliche europäische Begegnungen aus - Short Stories um abhanden gekommenes Gepäck und Sprachbarrieren. In Moskau, zum Beispiel, wird eine britische Geschäftsfrau vom Taxifahrer statt ins Hotel direkt in einen Hinterhof gelotst, wo einheimisches Verbrechervolk ihr Handy, Koffer, Geld und Papiere abnimmt. Ein beherztes Mütterchen, ganz russische Seele aber des Englischen nicht mächtig, greift dem ausländischen Vogel, der immerzu "Telefonski, Telefonski" pfeift, unter die Fittiche. Gestärkt mit Wodka und sauren Gurken geht’s zum Polizei-Revier, von wo die beiden dann fast nicht mehr wegkommen. Doch Muttern hat Courage - und ein Söhnchen, das Taxi fährt!

Wie in dieser vielleicht besten und komischsten Episode, sind auch Stöhrs andere Europa-Reisende von Fußball-Schlachtenbummlern und internationalen Experten vor Fernsehgeräten umgeben. In Istanbul ein kleiner deutscher Versicherungsbetrüger, in Santiago de Compostela der ungarische Pilger Gabor und vorübergehende Besitzer einer teuren Kamera, in Berlin ein völlig abgebranntes Clownspärchen aus Frankreich. Allerorts führt der Weg zur Polizei und der unbestreitbaren Erkenntnis: geklaut wird überall, und fern von Daheim ist jeder ein Fremdsprachler.

Mit einem kleinen Zeichentrickflugzeug fliegt man hier leicht von Geschichte zu Geschichte, vorbei an einigem Lokalkolorit, vielen, manchmal überraschend verdrehten Klischees und wenigen Bildern, die mehr sagen, als sie zeigen. Das bewegt nicht Europa und sicher nicht die Welt. Aber es bezaubert mit einem Witz, der vor allem Sprachwitz ist: über kolossale Sinnverluste beim Übersetzen.

D/Spanien 2004, 100 min
Verleih: Piffl

Genre: Komödie

Darsteller: Megan Gay, Ludmila Tsvetkova, Erdal Yildiz, Florian Lukas, Péter Scherer, Miguel de Lira, Boris Arquier, Rachida Brakni, Julia Jäger

Stab:
Regie: Hannes Stöhr
Drehbuch: Hannes Stöhr

Kinostart: 07.04.05

[ Sylvia Görke ]