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Paris-Manhattan

Zum Appetitholen auf Woody A.

Mädchen, die mit den Postern ihrer Idole sprechen, möchte man eigentlich nicht unbedingt näher kennenlernen, bekunden die doch ihre ersten zarten Gefühlchen meist irgendwelchen geklont anmutenden männlichen Teeniestars mit Modefimmel und Primaten-Grips. Nicht so bei Alice, denn die unterhält sich mit niemand Geringerem als dem Meister der anspruchsvollen Liebeskomödie, Woody Allen. Schon mit 15 hängt der in Lebensgröße überm Bett und steht ihr mit allerlei aus Filmzitaten seiner großen Erfolge zusammengemixtem Rat zur Seite. Auch zehn Jahre nach ihrer ersten Verliebtheitsphase in Teenagertagen bestimmt der ikonische Stadtneurotiker noch immer Alices Leben und macht es den Männern der mittlerweile selbständigen Apothekerin nicht leicht, haben sie sich doch stets mit dem schlagfertigsten Charmeur des Kinos zu messen. Am ehesten Chancen hat da noch der verschrobene, angenehm unaffektierte Victor, der allerdings ein großes Manko hat: Er hat noch nie einen Woody-Allen-Film gesehen.

Regiedebütantin Sophie Lellouche gelingt es in ihrer Verbeugung vor dem großen Vorbild durchaus, einige der besten Eigenschaften des Allenschen Oeuvres auf ihr Werk abfärben zu lassen: ein sich stetig drehendes Liebeskarussell mit lebensverwirrten Hauptfiguren, schnelle, geistreiche Dialoge und schließlich sogar das Element, was die besten Woody-Allen-Filme alle haben – den Meister selber vor der Kamera, auch wenn sein Auftritt hier nur von kurzer Dauer ist.

Trotz dieser überzeugenden Zutaten fehlt am Ende doch die letzte Prise Charme, Können oder einfach Eigenständigkeit, um diese leichtfüßige Abendunterhaltung zu etwas zu machen, was man ähnlich lange im Filmgedächtnis behalten möchte wie die meisten Werke Allens. Wie man einen (fast) perfekten Quasi-Allen-Film mit weiblicher Hauptfigur macht, und das sogar ganz ohne Woody-Cameo, hat eine andere Französin und Regie-Debütantin vor ein paar Jahren gezeigt: Julie Delpy mit 2 TAGE PARIS.

Aber auch wenn Lellouche mit PARIS-MANHATTAN nicht der ganz große Wurf gelingt, ist man mit dieser beschwingten romantischen Komödie für einen kurzweiligen Kinoabend gut beraten. Wer dabei wie Victor in der seltenen Lage ist, noch keinen Allen-Film gesehen zu haben, hat vielleicht sogar noch mehr Spaß, denn als Appetitanreger für einen Woody-Allen-Filmmarathon funktioniert PARIS-MANHATTAN am allerbesten.

Originaltitel: PARIS-MANHATTAN

F 2012, 77 min
FSK 0
Verleih: Senator

Genre: Komödie, Poesie

Darsteller: Alice Taglioni, Patrick Bruel, Marine Deltèrme, Woody Allen

Stab:
Regie: Sophie Lellouche
Drehbuch: Sophie Lellouche

Kinostart: 04.10.12

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...