Originaltitel: PERSONAL SHOPPER

F/D 2016, 105 min
FSK 12
Verleih: Weltkino

Genre: Mystery, Thriller

Darsteller: Kristen Stewart, Lars Eidinger

Stab:
Regie: Olivier Assayas
Drehbuch: Olivier Assayas

Kinostart: 19.01.17

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Personal Shopper

Der Geist aus der Tasche

Wenn Genre-Funken ins Autorenkino einschlagen, kann das gefährliche Gewitter geben. Oh wie gern setzt man sich solchen Kinowettern aus – ob der cineastische Pelz nun naß oder gegen den Strich gekämmt wird, ob er einläuft oder sich so grundsätzlich in seine Bestandteile auflöst, daß es einen friert. In diesem Sinne machte einen Olivier Assayas in seinen besten Filmen bisher nackig: mit Antithesen auf biotechnisch (Klobesuch) komfortable Filmlängen, mit Charakterstudien ohne narrativen Anker. Aber was macht er hier? Assayas schlägt esoterische Steine zusammen und vermag doch kein Feuer zu entfachen.

Seine Hauptfigur heißt Maureen, eine Amerikanerin in Paris, in Mailand, in London, im Super-Size-Pulli. Das Haar sitzt. Überall, perfekt ungeschminkt, ausdrücklich unfrisiert. Sie übt den Traumberuf aller Alterskolleginnen aus und geht hauptberuflich shoppen: glamouröse Kleider für eine B-Prominenz ohne eigenen Geschmack, Gürtel für fremde Wespentaillen, Riemchen für aufreizende Schuhe an fremden Füßen. Maureen selbst trägt nachlässigen Schlabberlook, eingefallenes Gesicht zur ausgefallenen Psyche. Und sie trägt ein Geheimnis: der verstorbene Zwillingsbruder, der zu ihr sprechen soll. „Lewis, Is That You?“, fragt sie in dieses am Rande von Paris gelegene Haus hinein. Und erhält eine ambivalente Antwort.

In der Zimmerecke materialisiert sich eine Ghostbusters-Figur aus Nebel – ganz nach den Bildmustern des Genre-Kinos. Vorneherum wird ein Psychodrama aus viel Handy und noch mehr Mutmaßungen real. In der Mitte findet ein Mord statt, der dieses Chanel-Handtaschen-Universum aus den Angeln hebt. Und zwischen den schicken Accessoires geschieht ein Boulevard-Massaker am personalen Kern des Films, bei dem nichts außer Trugbildern übrigbleibt. Also drei Filme in einem und dreimal ein herzliches „Nein!“ Denn Assayas ist eine „betreute“ Filmerfahrung, eine, die sich ohne den Fußnotenapparat zur schwedischen Malerin Hilma af Klint und ohne die spiritistischen Einblicke in die Welt des Victor Hugo so banal ausnimmt, daß einem Hören und Sehen zur Last fällt.

Der Jury von Cannes 2016 war das einen Regiepreis wert. Er sei Assayas gegönnt. Trotzdem muß die Frage erlaubt sein: Regie wobei? Eine Zuschau- und Interpretationsaufgabe, an der man die Lust verliert? Eine Hauptdarstellerin, für die man kein Interesse aufbringt?

[ Sylvia Görke ]