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Plastic Planet

Michael Moore auf Österreichisch

Rinderwahnsinn, Schweinegrippe, Gen-Mais. Handystrahlung, Ozonloch, Tsunamis. Und so weiter. Irgendwie stand und steht die Menschheit immer vor dem Kollaps, man hat sich mittlerweile an die Hiobsbotschaften gewöhnt. Doch wer hätte gedacht, daß die Gefahr jeden Tag in bunter, per se unauffälliger Form um uns herum lauert? Die Rede ist von Kunststoffen, landläufig unter dem Begriff „Plastik“ subsumiert. Werner Boote recherchierte und förderte Erschreckendes zu Tage: Plastik führt zu Unfruchtbarkeit, verseucht die Weltmeere, setzt sich im Blut fest und ist praktisch biologisch unabbaubar. Grund genug für ihn, darüber einen augenöffnenden Film zu drehen.

Wie sein Bruder im Geiste, Michael Moore, hat auch Boote dabei die Mechanismen einer breitenwirksamen Dokumentation verinnerlicht. Heißt: Unterhaltsam soll, polemisch darf es sein, und Einsprengsel am Rande des Aktionstheaters schaden ebenfalls nie. So geht er also zwischendurch in einen Supermarkt, um dort Zettel mit Warnhinweisen auf in Folie eingeschweißte Tiefkühlprodukte zu kleben. Ob das was hilft, zeigt sein Werk allerdings nicht. Dafür mag, wer beim ersten Mal das Verständnis verpaßte, gleich mehrfach zusehen, wie Familien jeglichen Kunststoff aus ihren Häusern schleppen und dann draußen auf einem riesigen Plastikberg sitzen (drinnen jedoch vermutlich durch leere Hallen wandeln).

Genau darin liegt auch die Crux verborgen: Sicher ist man nach dem Kinobesuch angemessen aufgewühlt, astet sich einige Tage den Rücken mit Glasflaschen krumm, beäugt seinen WC-Sitz argwöhnisch wegen austretender Schadstoffe und erwägt eventuell, statt des Telefons künftig Rauchzeichen zu benutzen oder gleich ganz im Wald zu leben. Aber bereits wenig später schlägt die Realität wieder hinterrücks zu, und sie macht klar: Ohne Kunststoff geht es, zumindest auf absehbare Zeit, nun mal nicht. Weil man, wie eine von Bootes Gesprächspartnerinnen anmerkt, kein Problem lösen kann, indem ein anderes geschaffen wird. Obwohl der Regisseur einen solchen, kaum in seinen Kram passenden, Einwand weitgehend ignoriert, stimmt das schlicht und ergreifend.

Was deswegen bleibt, ist eine durchaus mitreißende Doku, welche unangezweifelt guten Willens „Verzichtet auf dieses, fürchtet Euch vor jenem, tut das nicht mehr!“ ruft, aber wenig dazu beiträgt, Alternativen aufzuzeigen. Bißchen mager, das Ganze ...

Österreich/D 2009, 95 min
FSK 0
Verleih: Farbfilm

Genre: Dokumentation

Stab:
Regie: Werner Boote
Drehbuch: Werner Boote

Kinostart: 25.02.10

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...