Noch keine Bewertung

Prinzessin

Gewalt ist ihr Hobby

Die vier Freundinnen Katharina, Yvonne, Jenny und Mandy sind von der harten Sorte. Wenn ihnen das Gesicht eines Mädchens in der S-Bahn nicht paßt, wird gleich zugeschlagen. So muß man drauf sein, wenn man sich im Plattenbaughetto behaupten will. Die Protagonistin Katharina ist Rußland-Deutsche und zu Hause in einem Zimmer mit ihrer Großmutter einge-pfercht. Allen vier Mädchen gemein ist das Bedürfnis, aus ihren kaputten Familien auszubrechen. Die Straße ist für sie gleichzeitig Ventil und Käfig. Schwierig wird es für die Gang, als Anführerin Yvonne eine Haftstrafe antreten soll und sich vor dem Knast einfach drückt. Als dann auch noch Katharinas Erzfeindin Özlem und ihre Clique verstärkt im Revier des Quartetts auftauchen, eskaliert die Gewalt und bringt die Betonwelt der Mädchen vollends aus den Fugen.

Mit PRINZESSIN greift Regisseurin Birgit Großkopf das Thema Gewalt unter jungen Frauen auf. Daß Mädchengangs genauso brutal und rücksichtslos zuschlagen können, wie ihre männlichen Gegenparts, ist eine traurige Wahrheit, die sicherlich nicht allzu oft thematisiert wird. Leider hat man aber bei PRINZESSIN das Gefühl, daß Großkopf dieses Mißverhältnis mit der Brechstange zurecht rücken will. Ihre Figuren wirken zu sehr vom Konzept des Films - ein Ghettodrama mit Geschlechtertwist zu machen - gesteuert, um richtig lebendig und authentisch zu wirken. Abgesehen von der überzeugenden Irina Potapenko lugt bei den Performances der Darstellerinnen zu oft das milieuanalytisch einstudierte Schauspiel unter den Bomberjacken und Basecaps hervor. Vielleicht hätten Laiendarsteller aus den im Film gezeigten Gegenden die Authentizität erzielt, die Großkopf im Sinn hatte.

Um eine genaue Städtezuordnung beim Zuschauer zu vermeiden, wählte man Aufnahmen von Orten, die in ihrem kargen Grau aus jeder deutschen Großstadt mit Plattenbausiedlung stammen könnten. Allerdings trägt diese beschränkte Auswahl von tristen S-Bahnstationen, öden Einkaufszentren und dunklen Unterführungen zum Gesamteindruck der Konstruiertheit des Ganzen bei.

Es gibt in PRINZESSIN durchaus Szenen, die einem mit ihrer Intensität die grausige Welt dieser Mädchen tatsächlich näher bringen. Schade, daß diese im bemühten Ganzen untergehen.

D 2005, 83 min
Verleih: Salzgeber

Genre: Dokumentation

Darsteller: Irina Potapenko, Henriette Müller, Desirée Jaeger, Amina Schichterich, Martin Kiefer

Regie: Birgit Großkopf

Kinostart: 01.11.07

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...