D 2023, 105 min
Verleih: Missing Films

Genre: Dokumentation, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Eunice Franco, Gloria Viagra, Monika Tichy

Regie: Jochen Hick

Kinostart: 16.05.24

Queer Exile Berlin

Geschichten eines Sehnsuchtsortes

Jochen Hick zeigt die deutsche Hauptstadt als politische Bühne. Zufluchtsorte und Schauplätze aktivistischer Inszenierungen, die Bilder für die Welt produzieren. Wege, die sich kreuzen, austauschen und wieder verlieren.

Nachdem MEIN WUNDERBARES WEST-BERLIN und OUT IN OST-BERLIN in die Vergangenheit blickten, entspinnt sich QUEER EXILE BERLIN, der dritte Teil von Hicks Berlin-Trilogie, stärker in der Gegenwart. Seine Vielstimmigkeit beleuchtet Fluchterfahrungen, künstlerische Ausdrucksweisen, Proteste, Lebenskrisen, die sich zur einer facettenreichen Momentaufnahme queeren Lebens zu Beginn des 21. Jahrhunderts zusammensetzen. Stilistisch erschöpft sich dieser Dokumentarfilm etwas in Konventionen aus montierten Interviewtönen und illustrierenden Bebilderungen. Viele Punkte, egal ob es um Konflikte innerhalb feministischer Positionen, das Verschwinden queerer Schutzräume oder die Auswirkungen von Pandemie und Krieg geht, können dabei nur oberflächlich abgegrast werden.

Zugleich fängt ihre thematische Verschachtelung passend die Notwendigkeit ein, solche Konflikte in einer Gleichzeitigkeit und Vernetzung begreifen zu lernen. Vor allem aber ist dies ein erfrischend vielschichtig entworfenes Stadtporträt, das fernab aller oberflächlichen Berlin-Utopien zwischen Sex, Parties, Demos und schillernden Selbstentwürfen ebenso auf die Schattenseiten, hinter Kulissen und Klischees blickt: Vereinsamung, platzende Illusionen, Traumata, prekäre Lebensverhältnisse – inmitten einer angeblich liberalen Zeit, deren Liberalität nur in Relation und als Spektrum gesehen werden kann, während alte und neue Ausgrenzungen unentwegt Menschen entzweien.

[ Janick Nolting ]