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Schwerkraft

Traue nie Deinem Bankberater!

Fabian Hinrichs ist sicher ein netter Mensch. Doch unter der Oberfläche dieses schlaksigen Schauspielers mit dem etwas verkniffenen Jungengesicht lauert auch eine dämonische Seite, die speziell in der Zusammenarbeit mit dem Regisseur Maximilian Erlenwein hervorzubrechen scheint. Das war schon in dem Kurzfilm BLACKOUT so, wo Hinrich einen gewalttätigen Komasäufer mit Gedächtnislücken darstellte. Mit SCHWERKRAFT, dem Langfilmdebüt Erlenweins, haben die beiden die Dämonen noch mal losgelassen.

Der Film erzählt auf stringente Weise die Geschichte des biederen, aufstrebenden Bankers Fabian Feinermann, der aus dem Tritt kommt, als sich einer seiner Kunden vor seinen Augen erschießt. Der junge Schreibtischtäter hatte ihm vorher freundlich, aber bestimmt den Kredit gekündigt. Nach diesem Erlebnis driftet Fabian nach und nach aus den geordneten, aber langweiligen Bahnen seines bisherigen Lebens. Als er seinen Jugendkumpel Vince trifft, der die letzten Jahre wegen diverser Raubüberfälle im Knast verbracht hat, eröffnet sich ihm eine ganz neue (Unter-)Welt, in die er begierig eintaucht. Die beiden beginnen systematisch, die Villen der Privatkunden der Bank zu berauben, Fabian nutzt den Nervenkitzel des Illegalen als Ventil, um endlich den lange angestauten Dampf abzulassen. Und wie das so ist mit dramaturgischen Dampfkochtöpfen – irgendwann knallt der Deckel ab.

Die Verwandlung vom emotional erstarrten Biedermann zum schlagfreudigen Nachwuchs-einbrecher, der sich erst wieder fühlen kann, wenn Blut fließt, gelingt Hinrichs souverän, aber auch ohne große Überraschungsmomente. Auch Jürgen Vogel darf sich als Vince Holland gewohnt wortkarg inszenieren und seine Tattoos spazieren führen. Maximilian Erlenwein hat seine Hauptrollen „auf den Punkt“ besetzt. Man könnte auch sagen: Er ist kein Risiko eingegangen. Das muß er vielleicht auch nicht, denn die Grundidee seines Drehbuchs ist ungewöhnlich genug, und man merkt dem Film an, daß er mit viel Herzblut, Freude und Augenmaß gemacht wurde.

Trotzdem bleibt angesichts der vorhersehbaren Besetzungsliste ein klitzekleiner fader Beigeschmack. Man wird einfach das Gefühl nicht ganz los, es hier mit einem personellen Eintopf aus dem Dampfkochtopf zu tun zu haben.

D 2008, 97 min
FSK 16
Verleih: Farbfilm

Genre: Drama

Darsteller: Fabian Hinrichs, Jürgen Vogel, Nora von Waldstätten, Jule Böwe, Thorsten Merten, Maren Kroymann

Stab:
Regie: Maximilian Erlenwein
Drehbuch: Maximilian Erlenwein

Kinostart: 25.03.10

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.