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Sommer der Gaukler

Willkomma zua unsar Show!

Marcus H. Rosenmüller kennt sein Bayern nicht nur, nein, er liebt es auch, und deswegen will er es standhaft – und bislang mit bekanntem Erfolg – unter den Rest der Republik bringen. Nun tritt der Mann an, um der treuen Zuschauerschaft mal etwas Geschichte zu zeigen, und so wird gleich zu Beginn die tragische Volksheldin Agnes Bernauer ersäuft. Allerdings nicht publikumsumringt in der Donau, sondern eher versteckt im Waldtümpel. Auch das zur musikalischen Begleitung angetretene Streichorchester irritiert. Und richtig: Tatsächlich war alles nur eine Aufführung der maximal mäßig talentierten Theatertruppe um Emanuel Schikaneder. Puh!

Perfekte Voraussetzungen für allerlei Spiele um Schein und Sein also, von Rosenmüller stets mit Doppeldeutigkeit im Sinn inszeniert, während das Ensemble in einem Kaff an der Grenze zu Österreich unfreiwilliges Quartier beziehen muß. Dort braut sich just eine Revolution zusammen. Obwohl der Anführer seine Rolle natürlich ganz unverschuldet wegen falsch interpretierter Zufälle übernahm, wittert Schikaneder ein neues Stück – ohne Geld und mit privaten Turbulenzen im Nacken allerdings recht problematisch umzusetzen.

So. Was haben wir nun hier? Etwas von Verleihseite ziemlich treffend unter dem Label „Heimatfilm 2.0“ Geführtes. Will heißen: Nimmt sich selbst dankenswerterweise nie zu ernst, zumal gut gemimtes schlechtes Schauspiel ja immer für Freude sorgt, sieht aus wie Kino, hört sich an wie Kino, atmet aber trotzdem den Odem volkstümlicher Unbefangenheit, angefangen bei Dialogen à la „Bist Du die Wirtin? – Nein, der Wirt!“ über expressive Darstellung (speziell Max von Thun gibt als Schikaneder sogar fern seiner grausigen Bühnenauftritte alles und mehr) bis hin zu Szenen wie Verstecken unter plüschigen Röcken.

Schnell, bunt, komisch soll es sein, überraschende Musical-Einlagen gibt’s gratis nebenher. Da bleibt natürlich nicht aus, daß Mozart seinen Auftritt bekommt, zumal Schikaneder als Librettist der „Zauberflöte“ Weltruhm erlangen sollte. Und erneut pfeift Rosenmüller auf Respekt, er gießt den Komponisten in die Form eines überkandidelten Kindes und Enfant terrible. Linst da etwa Milos Forman um die Ecke?

Es bleibt also festzuhalten: Rosenmüller zeigt unbestrittenen Mut zum Spektakel. Ob das Ergebnis deswegen auch automatisch spektakulär geriet, davon überzeuge man sich am besten selbst.

D 2011, 105 min
FSK 12
Verleih: Movienet

Genre: Komödie, Historie

Darsteller: Max von Thun, Lisa Maria Potthoff, Anna Maria Sturm

Regie: Marcus H. Rosenmüller

Kinostart: 22.12.11

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...