Originaltitel: SUPERNOVA

GB 2020, 95 min
FSK 12
Verleih: Weltkino

Genre: Drama, Liebe, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Colin Firth, Stanley Tucci

Regie: Harry Macqueen

Kinostart: 14.10.21

1 Bewertung

Supernova

Würde im Sturm

Sie sind perfekt aufeinander eingespielt. Gedanken ergänzen sich, Debatten münden in gefechtsmilde Dialoge, Reibereien wandeln sich in notwendige Differenzen, selbst ihre Berufe als Pianist und Schriftsteller scheinen ineinander verwoben. Nach mehr als 20 Jahren Beziehung empfinden die beiden noch immer Liebe füreinander und Respekt vor dem Talent des anderen: Tusker und Sam. Zwei Männer, die sich auch nach so langer Zeit mit mildem Witz und großer Zärtlichkeit, mit Achtung und Fürsorge begegnen.

Zwei älter gewordene Männer mit einem älter gewordenen Hund in einem robusten Wohnmobil unterwegs im anschaulichen Nordwesten Englands. Ein Familienbesuch steht an, eine Reise, bei der das Unaufhaltbare mehr und mehr an Raum gewinnt: Tusker leidet an Demenz. Sam tut alles, um vorbereitet zu sein auf das, was kommen wird, um dem Fortgang der Krankheit mit größtmöglicher Normalität zu begegnen. Hingegen Tusker nach einem Weg sucht, der für alle die bessere Abkürzung sein könnte. Größer kann ein Konflikt zwischen zwei Menschen kaum sein, die früh wußten, daß sie füreinander bestimmt sind, Tusker sogar sehr früh, denn er gestand Sam bereits nach fünf Minuten ihres Kennenlernens seine Liebe.

Um eine Geschichte mit dieser Wucht möglichst ohne falsches Pathos zu erzählen, braucht es Geschick und Bescheidenheit in den Mitteln, über beides verfügt der Regisseur Harry Macqueen. Er umschifft emotionale Übertreibungen, diesem unausweichlichen Lebenssturm trägt er einen ehrlichen, niemals wehleidigen Ton an und erwischt einen genau deswegen dort, wo man nicht mehr anders kann ... als zu weinen: um diese große Liebe, um diese wunderbaren Kerle, die sich mit manch’ herrlicher Aktion wie der Aufnahme einer „Demenzstunde bei BBC 4“ den eigenen Schrecken vertreiben.

Die Unverstelltheit des Films sorgt dafür, daß Sätze aus Sams Mund („Ich will jeden Moment bei Dir sein, das ist wichtig!“) kitschfrei bleiben, die immense Zärtlichkeit läßt uns Zuschauer schlucken, als Sam Tusker bei einem lückenhaften Grußwort am Familientisch aus der Patsche hilft. Sam und Tusker haben in ihrem langen Bund eine extrem wichtige Regel bewahrt: Geheimnisse bis zum Schluß. Und die Unantastbarkeit der Würde des anderen. Die erwähnten Tränen melden sich übrigens spätestens dann zurück, wenn der formidable Colin Firth als Sam am Klavier Edward Elgars „Salut d’amour“ anschlägt ...

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.