Originaltitel: T2 TRAINSPOTTING

GB 2016, 117 min
FSK 16
Verleih: Sony

Genre: Schräg, Tragikomödie

Darsteller: Ewan McGregor, Jonny Lee Miller, Ewen Bremner, Robert Carlyle

Regie: Danny Boyle

Kinostart: 16.02.17

10 Bewertungen

T2 Trainspotting

Der Rausch geht weiter?

Zwei Dekaden hat's bis zum Sequel des 90er-Kults gebraucht, bezüglich der Gründe kursieren mehrere Geschichten. Super positiv klingt keine – egal, ob Drehbuchautor John Hodge erst einen Kollaps erleiden mußte, um das benötigte Gefühl zu kriegen, Ewan McGregor auf Regisseur Danny Boyle Frust schob, weil ihn dieser bei THE BEACH überging, oder Boyle wollte, daß seine zurückkehrenden Darsteller endlich schwer gezeichnet aussahen. Glückwunsch! Solche Engelsgeduld hat sich gut ausgezahlt, keinem der abgeranzten Typen mag man nachts im Wald begegnen. Und darüber hinaus?

Trifft es Rentons Selbstanalyse „Ich bin 46 und im Arsch!“ genau zwischen die Beine und in den Magen: kürzlich erlittener Herzinfarkt und eine Ehe vorm Aus. Spud, mittlerweile getrennt lebender, suizidnaher Vater, drückt weiter den „einzigen Freund, der mich nie verlassen hat“ Heroin, während Begbie gerade aus dem Knast entkommt und Sick Boy, von einer bulgarischen Nutte tatkräftig unterstützt, im Erpressen geil-verklemmter Säcke das große Geld wittert, um Koks anzuschaffen. Da stirbt Rentons Mutter und zwingt den Geflohenen zur Rückkehr nach Edinburgh, das nachfolgende Treffen mit den drei einst über den Tisch gezogenen Kameraden verläuft aber selbstverständlich unerfreulich bis tödlich rachsüchtig …

Teil 1 berief die Jungs im deutschen Titel-Nachklapp zu „neuen Helden“, heute sind davon bloß ausgewrungene Jammerlappen übrig, die hartnäckig ignorieren, daß ihre Jugend verfloß, 20 Jahre auf den krummen Buckeln trägt. Der Mann altert eben oft nicht sehr entspannt, kneift zäh die Backen für knackige Geliebte zusammen, umsorgt die restlichen dünnen Haare und lernt plötzlich voller Verzweiflung diverse optische Schwachstellen kaschierende Produkte kennen. Oder treibt's richtig bunt wie unsere vier Verlierer: pfeift Viagra rein, wenn's untenrum Durchhänger gibt, mischt sich in Clubs unters wesentlich jüngere Volk, will kriminelle Energie entfalten, obwohl's im Knochengebälk doch bedenklich knirscht. Das nutzt Boyle zur ironischen Bestandsaufnahme, er legt Melancholie über Rückblenden, reiht Nostalgie an deutlich zurückgefahrene visuelle Spielereien, inszeniert kurzatmiger. Wirkt mancherorts gar müde. Er spricht vom persönlichsten Werk, was wir natürlich unbezweifelt glauben, allerdings trotzdem höflich fragen möchten: Soll es das jetzt echt gewesen sein? Ein bißchen Seniorenmilde, teils klarer Hang zur Autoreferenzialität, etwas mehr Gefühl auf Kosten von früherer Dynamik, das Fehlen wirklich nachhallender Szenen – Baby Dawns Anblick zu vergessen, erforderte Kraft – und schließlich McGregors seltsame Gesangseinlage (nein, das hier ist definitiv nicht MOULIN ROUGE!)?

Es sei mangels Alternativen akzeptiert. Und möglicherweise liegt ja genau darin der große, tiefe Sinn jener letztlich immerhin soliden Fortsetzung: Sie macht uns das Original und mit ihm die eigene damals erlebte Zeit noch kostbarer.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...