D 2009, 104 min
FSK 12
Verleih: Constantin

Genre: Literaturverfilmung, Krimi

Darsteller: Julia Jentsch, Monica Bleibtreu, Volker Bruch, Brigitte Hobmeier, Filip Peeters

Regie: Bettina Oberli

Kinostart: 19.11.09

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Tannöd

Drei Damen und ihr mißlungener Krimi

Es ist ein wahrer Fall: Anno 1922 wurde in Hinterkaifeck eine Bauernfamilie inklusive Kindern und Magd brutal erschlagen, der oder die Mörder nie gefaßt. Daraus strickte Andrea Maria Schenkel den Roman „Tannöd“ mit veränderten Namen und Details, welcher neben Kritikerlob auch manchen Preis einheimste, obwohl Schenkels Buch ungeachtet einer interessanten Struktur (allerlei Dorfleute schildern ihre Sicht des Geschehens) holprig blieb, letztlich gar zu einer wunderbar simplen Auflösung inklusive psychologisch dünner Täterpräsentation fand. Zum Bestseller geriet dieses Debüt trotzdem, weswegen die Verfilmung beschlossene Sache war.

Selbige blieb weiter fest in weiblicher Hand, das Skript schrieb Petra Lüschow, auf dem Regiestuhl nahm Bettina Oberli Platz. Sie implementierten eine Nebenhandlung, in welcher die junge Kathrin das Morddorf besucht und bemerkt, mit dem Verbrechen zu tun zu haben. Nur leider verfügt unsere Kathrin, gespielt von Julia Jentsch, über keine echte Rolle, sondern fungiert eher als Souffleuse, auf deren Stichwort hin die Einwohner losplaudern. Was wohl Schenkels Erzählansatz Rechnung tragen soll, praktisch jedoch kaum funktioniert. Immerhin: Sehr hilfreich unterscheiden sich die daraus entstehenden Rückblenden farblich von der Gegenwart, schließlich ist man als Normalzuschauer ein bißchen doof, und Blaufilter sorgen automatisch für Atmosphäre, stimmt’s?!

Dankbar darf die letzte Reihe auch für einen weiteren Kniff sein: Nicht nur sämtliche, in der Vorlage auf jeder vierten Seite eingestreuten Gebete wurden übernommen – hier gern aus dem Off gesprochen –, sondern außerdem durch Christusfiguren oder Marienstatuetten am Wegesrand visualisiert. Aha, Bigotterie! Das verstehen selbst Minderbemittelte oder sanft Entschlafende, denn in Sachen Spannung frönt Oberli eigentlich nur verbissen ihrer Vorliebe für abgefilmte Hinterköpfe. Mal drehen sich diese erschrocken um, manchmal trifft sie eine Spitzhacke, oft passiert gar nix. Aber nett schaut das schon irgendwie aus, ebenso wie die immer wieder zu sichtenden Aufnahmen vom dunklen, gefährlichen Wald.

So mäandert TANNÖD zwischen dramatischem Sittenbild, Killersuche und durch schnelle Schnitte aufgepepptem Volkstheater umher, ohne sein Publikum je zu packen. Na ja, immerhin warnt fairerweise der Titel – im tiefen Tann kann es eben tatsächlich ziemlich öd zugehen ...

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...