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Tolle Lage

Haarsträubend dilettantisches Lachstück

Horrorfilm und Komödie sollen zu den am schwierigsten realisierbaren Filmgenres ge-hören. Nun hat sich Sören Voigt daran gemacht, ein unheimlich spaßiges Stück Kino auf die Leinwand zu hieven. Herausgekommen ist ein völlig witzloses, dreist als Komödie getarntes Schauerspiel über ostdeutsche Camperidylle. Gruselig schon, allerdings ohne Absicht.

Herr Voigt hat sich das so vorgestellt: Mensch, das müssen schon tolle Zeiten gewesen sein, als der reisegehemmte, aber expeditionsfreudige Ossi Jahr für Jahr an die See auf dem Zeltplatz seines Vertrauens Urlaub machte. Wie wäre es denn, wenn man eine Geschichte mit kauzigen Charakteren über das Geschehen auf einem heutigen ostdeutschen Zeltplatz erzählen würde? Das Ergebnis von Herrn Voigts Arbeit liegt nun vor: der Campingplatz heißt Tolle Lage (erster brüllend komischer Voigtscher Aphorismus), der Betreiber und Kiosk-Chef ist ein geldgieriger Wessi, der im Osten die schnelle Mark erscheffeln wollte und nun vor dem Ruin steht (wiederum irrsinnig witzige Analogie zur pauschalen Dukatenmentalität aller Wessis).

Nicht zuletzt gibt es noch einen emsigen jungen Vietnamesen, der damals mit der Billigarbeiterwelle in die DDR gespült wurde. Den spielt der Schauspieler Ill-Young Kim - koreanischer Abstammung, aber egal! Rassistische Tendenz will man dem guten Voigt nicht nachsagen, aber Unwissenheit. Denn er läßt zudem auch noch einen angeblich allseits bekannten DDR-Schlagerfuzzi auf dem Zeltplatz als Echtperson agieren. Sein legendärer Name: Michi Fanselow! Kennt den jemand? Naja, vielleicht hatte er wirklich seine größten Erfolge jenseits des Ural. Die Geschehnisse geschehen, die Handlungsbouillon wird unklarer, und am Ende ist alles schon irgendwie gut. Na klasse!

Nicht nur das holprige Halberzählen verärgert, nein, auch die technische Umsetzung dieses haarsträubend inhaltlosen Lachstücks nervt. Solidarische Menschen würden die Kameraführung fiebrig nennen, Realisten erkennen hingegen: das geht eigentlich gar nicht. Am Ende dieser Fingerübung fragt man sich schon mal beherzt: Wer zahlt das eigentlich?

D 1999, 90 min
Verleih: Progress

Genre: Komödie

Darsteller: Henriette Heintze, Ill-Young Kim, Michi Fanselow

Regie: Sören Voigt

Kinostart: 07.06.01

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.