Originaltitel: TRISTAN & ISOLDE

GB/D/Tschechien 2006, 123 min
Verleih: Kinowelt

Genre: Abenteuer, Literaturverfilmung, Historie

Darsteller: James Franco, Sophia Myles, Rufus Sewell

Regie: Kevin Reynolds

Kinostart: 18.05.06

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Tristan & Isolde

Minneabenteuer ohne Gesang und Zaubertrank

"Wie sich die Herzen/ wogend erheben!/ Wie alle Sinne/ wonnig erbeben!/ Sehnender Minne/ schwellendes Blühen,/ schmachtender Liebe/ seliges Glühen!/ Jach in der Brust/ jauchzende Lust ...", sangen einst Tristan und Isolde im Duett, nach, man bemerke: versehentlicher Einnahme des Liebestrankes. So lyrisch und pathetisch wie in Wagners Oper geht es in der Verfilmung des Sagenstoffes natürlich nicht zu. Aber auch nicht nüchtern und grobkörnig. Schließlich ist das hier kein avantgardistisches Kunstkino.

Der publikumswirksame Kompromiß: weg mit dem Zaubertrank, her mit dem atmosphärisch dichten und nachvollziehbaren Historiendrama um den Widerstreit zwischen Liebe und Königstreue. Eine geschickte Dramaturgie beseitigt konsequent alles, was an der Sage seltsam und altertümlich anmutet, und drängt auf Entwicklung. Dazu, gut dosiert, schmachtende Blicke, romantische irische Strände, ein paar Schlachtenszenen in den Highlands, und am Feierabend gehen die Recken auf den Mittelaltermarkt. Eine glatte Sache also.

Und doch: Tristan und Isolde ohne Liebestrank, das ist ein bißchen wie Asterix und Obelix ohne Miraculix. Nicht nur thematisch entgeht Einiges, auch die ironischen Wendungen der Geschichte bleiben bisweilen unentdeckt. Der gezähmte Tristan darf Isolde weder durch seine Qualitäten als Minnesänger betören, denn das risse die Kinozuschauer mit Sicherheit aus der schönen Illusion, noch darf die spannende Frage gestellt werden, wo Liebe eigentlich anfängt und wo sie aufhört. Tristan, ein Schönling und edelmütiger Kämpfer - gut, falsch ist das auch nicht. Und Isoldes magische Kompetenz als Wunderheilerin? Mütterlichkeit und Sanftmut müssen reichen, um den tödlich verletzten Tristan auf die Beine zu stellen. Es ist, als wollte man sich an den Wirren des Stoffes und seiner Überlieferung nicht die Hände schmutzig machen.

Gespannt kann man natürlich darauf sein, welcher Sagenstoff nach König Artus, Troja und so weiter als nächstes an der ehernen Tafel der neu Verfilmten Platz nimmt. Vielleicht doch noch mal die Nibelungen? Aber bitte ohne Drachen und Tarnkappe.

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...