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Una noche – Eine Nacht in Havanna

Buena Vista Jugendclub

Selten genug, daß Kuba nicht nur als Folie für den flüchtigen Touri-Blick von außen dient. Zu oft sind noch immer Zigarren, alte Autos und die melancholischen Lieder des betagten Buena Vista Social Clubs im Fokus. Zwar ist auch Regisseurin Lucy Mulloy, die mit UNA NOCHE ihr Debüt vorlegt, keine Kubanerin, sondern in New York lebende Engländerin. Ihr starker Wille aber, der latenten Oberflächlichkeit diesmal größtmögliche Authentizität entgegenzusetzen, ist zu spüren. Es sei nie ihre Absicht gewesen, so Malloy, einen politischen Film zu drehen: „Den Leuten zu sagen, was sie über Kuba denken sollen, interessiert mich nicht.“

Ganz ohne die gesetzten Bilder kommt UNA NOCHE freilich nicht aus. Ein Streiflicht in Hotels, wo melancholischer Son erklingt, die Kamera auf vorbeirasende Oldtimer gerichtet, und auch die eigentliche Story beginnt mit der berühmten Uferstraße Havannas. An der Malecón verbringen die Zwillingsgeschwister Lila und Elio ihre freie Zeit. Dort wird Lila von gleichaltrigen Mädchen geneckt, wird sie von Raúl umworben. Trotz des Ärgers, den Teenies sich nun mal gern selbst bereiten, atmet das Leben der drei wirklich nur Sauerstoff, wenn sie draußen sind. Daheim ist es eigentlich nur zum Davonlaufen. Raúls Mutter ist Prostituierte und HIV-positiv, bei Lila und Elio hängt der Haussegen schief, weil die Eltern im Dauerclinch liegen. Als Raúl bei einer unguten Begegnung einen Freier der Mutter schwer verletzt, wird er zum Gejagten. Es ist Auslöser für eine Entscheidung, die schon längere Zeit vor allem in Elio gärt: Flucht. Die Küste Floridas schimmert nur 90 Meilen entfernt. Ein paar Bretter, zwei Autoreifen – fertig ist das Floß. Eine hübsche Kette für Lila unters Kopfkissen gelegt – fertig ist der Abschied. Doch so einfach ist es nicht. Lila bekommt die Pläne des Bruders mit, und so wird die riskante Reise auf dem Meer, die so viele vor ihnen schon gewagt haben und noch wagen werden, eine zu dritt.

Off-Ton, schnelle Schnitte, ein beherzt aufspielendes Jungensemble (welche Ironie: Zwei Hauptdarsteller setzten sich beim Tribeca-Festival in die USA ab!), Klischees und Behauptungen: UNA NOCHE nimmt einiges in Kauf, um diese Geschichte zu erzählen. In den guten Ansätzen bringt er die Erinnerung an den wohl besten und bis heute unerreichten kubanischen Film der Neuzeit zurück: DAS LEBEN, EIN PFEIFEN von Fernando Pérez.

Originaltitel: UNA NOCHE

Kuba/USA/GB 2012, 90 min
FSK 12
Verleih: Kairos

Genre: Drama

Darsteller: Dariel Arrechaga, Anailín de la Rúa de la Torre, Javier Núñez Florián

Regie: Lucy Malloy

Kinostart: 13.02.14

[ Andreas Körner ]