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Wenn wir zusammen sind

Prêt-à-porter, Vorführmodell, 2. Wahl

Man mag Bordeaux inzwischen auch in Alaska genießen, man wird auch in der kleinsten Hütte, sagen wir in Burkina Faso, ein Plätzchen für Romantik finden, und verwickelte Liebesanbahnungen sind sowieso ein interkontinentaler Massensport. Dennoch genießt die Romantikkomödie französischer Provenienz den Ruf, ihren armen Verwandten aus dem bißchen Rest der Welt stets und zumindest in einer Hinsicht weit überlegen zu sein: Sie hat Charme, nämlich französischen. So wird man Regisseurin Lorraine Lévy, Charme vorausgesetzt, einiges verzeihen können. Zum Beispiel, daß es ihren Film ausgerechnet nach London verschlägt – gemäß der Romanvorlage aus der Feder ihres Bruders Marc.

Zwei alleinerziehende, mehr oder weniger frisch geschiedene Franzosen wollen im britischen Exil von vorn beginnen. Mathias, chaotischer Buchhändler, 1 Tochter, und Antoine, ordnungsliebender Architekt, 1 Sohn, schmeißen ihre Haushalte zusammen und kämpfen wie so viele WGs mit einem selbst auferlegten Regelwerk: keine Babysitter, kein unbewältigter Abwasch und – keine Frauen. Nicht die flotte ­Lehrerin, die sich als Journalistin herausstellt, und schon gar nicht die quirlige Floristin, die ihrem Angebeteten bislang noch nicht einmal aufgefallen ist. Wie lange, respektive kurz so etwas funktionieren kann, lehrt uns gerade der französische Unterhaltungsfilm der letzten Jahre. Und so müssen sich die Geschwister Lévy auch nicht dafür entschuldigen, statt ins Leben in den wohlsortierten Musterkatalog des Genres gegriffen zu haben.

Sicher, wenn man den Kopf günstig hält, den Bauch einzieht und beide Augen zudrückt, macht auch Ware von der Stange einen schlanken Fuß – um den sich geschmackssichere Modelle wie Vincent Lindon und Virginie Ledoyen allerdings noch nie Sorgen machen mußten. Wo aber war der Geschmack, als man diesem halbwegs kurzweiligen und vollständig braven Liebesreigen einen Soundtrack schneiderte, der die schmalen französischen Leiber umflattert wie ausgeleierte Konsumartikel? Und was, du lieber Gott in Frankreich, ist mit dem Charme passiert, diesem flüchtigen Nationalheiligtum, das noch dem ältesten Hut und dem ausgewaschensten Humor zu neuem Glanz verhelfen konnte? Auch er ist, Pardon, einigermaßen abgetragen.

Originaltitel: MES AMIS, MES AMOURS

F 2008, 99 min
FSK 0
Verleih: Arsenal

Genre: Liebe

Darsteller: Vincent Lindon, Pascal Elbé, Virginie Ledoyen, Florence Foresti

Regie: Lorraine Lévy

Kinostart: 19.11.09

[ Sylvia Görke ]