D 2014, 92 min
FSK 0
Verleih: X Verleih

Genre: Komödie, Satire

Darsteller: Gisela Schneeberger, Heiner Lauterbach, Michael Wittenborn, Claudia Eisinger, Karoline Schuch

Stab:
Regie: Ralf Westhoff
Drehbuch: Ralf Westhoff

Kinostart: 17.07.14

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Wir sind die Neuen

Krisengebiet Treppenhaus

Anne, Biologin im Ruhestand und ehemals Kämpferin für die benachteiligte Schleiereule, muß aus der geliebten Wohnung raus. Ihre Tochter sieht es rustikal: „Dritter Stock ohne Aufzug, das kannst Du eh nicht mehr lange machen!“ Doch Anne will sich trotz finanzieller Engpässe nicht einfach abschieben lassen, mobilisiert Eddi und Johannes, beide gleichfalls wenig begütert, zwecks Wiederbelebung der einstigen Studenten-WG. Gesagt, getan.

Über Vitamin B findet man ein passendes Domizil, vergangene Zeiten werden neu belebt, Reden bis in die Nacht, dazu Wein und alte Schlager, möglichst laut, das Trio möchte ja noch auf den Putz hauen. Probleme nahen indes in Gestalt dreier prüfungslerntechnisch stark beanspruchter Jungspunde: Die karrieregeile und ziemlich arrogante Spätgeburt reagiert mimosenhaft auf jedes Umgebungsgeräusch, feierwillige Armuts-Senioren gelten da als besonders widerwärtiges Übel ...

Von rüden Klopfattacken bis hin zu verbalen Anfeindungen fährt das Schlachtfeld Mietshaus vielerlei schweres Geschütz auf, immer schön am Rand satirischer Enthemmung und sozusagen umgekehrt – schließlich spießt sich hier das ach so freimütige Jungvolk mit verbissener Zahnreihe durch den Alltag. Generationenkrieg statt Culture Clash: eine herrliche, höchst charmant umgesetzte Idee, welche ihr Potential trotz vieler potentieller Stolpersteine nie an kreischige Hysterie verrät, sondern stets kurz vor dem Abrutschen beide Beine auf Mutter Erdes zumindest halbwegs festen Realitätsboden stellt. Krankheit, unverwundene Konflikte oder späte Genugtuung zwar inklusive, aber keineswegs in beherrschender Stellung.

Dafür sorgen auch sechs wundervoll agierende, fast gleichberechtigte Darsteller zweier Altersgruppen, hervorstechend Gisela Schneebergers mütterlich-agile Anne sowie Heiner „Eddi“ Lauterbach. Letzterer läßt gar gekonnte Selbstironie zu, wenn eine junge Dame auf seinen vermeintlichen Erotik-Killerblick von Fürsorge heimgesucht erkundet: „Ist Ihnen nicht gut?“

Was viele nicht ausschließlich deutsche Komödien gern praktizieren, verweigern jene NEUEN konsequent – das Lachen dröhnt nirgends aufgebläht aus dem Bauch, sondern schleicht leise herbei, nimmt einen Herz-und-Hirn-Umweg, findet sein bequemes Ziel auf bestens gelaunt lächelnden Lippen. Und verankert die unaufdringliche Botschaft, den oft bloß biologisch Alten endlich zuzuhören.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...