D 2019, 97 min
FSK 0
Verleih: Barnsteiner

Genre: Dokumentation, Biographie, Musik

Regie: Grit Lemke

Kinostart: 02.01.20

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Gundermann Revier

Geschichte vom baggernden Barden

Ach, der Gundi! Das war einer von uns, einer von hier. Der wußte, wie der Osten tickt und singt. Und wie man sich selbst in die Tasche flunkert mit der dialektisch geschulten Emphase des Wahrheitssuchers und Verkünders Made In GDR, das wußte er auch. Der Gerhard Gundermann (1955-1998), der es unter seinem Nachnamen zu einer der großen Identifikationsfiguren ostdeutscher Befindlichkeit gebracht hat. Als baggernder Barde und schreibender Arbeiter, als Revolutions-Romantiker und Melancholiker mit sozialem Bewußtsein. Und als Künstler, der dank seines Erscheinungsbilds ja dann glatt auch noch zu einer etwas pittoresk anmutenden Lausitzer Stil-Ikone wurde.

In GUNDERMANN REVIER widmet sich jetzt – ein Jahr nach Andreas Dresens spielfilmendem GUNDERMANN-Brevier – die Dokumentarfilmerin Grit Lemke dieser im Kern tragikomischen Figur. Denn selbst wenn das in diesem Porträt wohl eher nicht intendiert sein dürfte, so ist es dennoch genau das: Tragisch und komisch, diesen Menschen zu sehen, wie er – und darin war Gundermann ja wahrlich keine Ausnahme – in dieser DDR, diesem kleinen Staat allumfassender repressiver Kleingeistigkeit, allen Ernstes einen großen Funken des revolutionären Weltgeistes zu erkennen glaubte. Oder wie er, der Sänger und Menschenfreund, Menschen im Namen einer menschlicheren Zukunft an die Stasi verpfiff. Auch darin freilich keine Ausnahme.

Zugleich war Gundermann trotz alldem dann aber genau das: eine Ausnahmeerscheinung. Und das ist hier ganz unabhängig von Aspekten künstlerischer Qualität gemeint, über die man durchaus geteilter Meinung sein darf. Als ehrgeizig wird er oft bezeichnet in dieser Doku. Eigenwillig dürfte ebenso zutreffen. Auch darin, wie Gundermann sein Arbeiterleben als Voraussetzung seines Künstlerlebens begriff: „Wenn ich nicht mehr auf dem Bagger sitze, kann ich nicht mehr schreiben!“, sagt er einmal. Und formuliert damit ein (Selbst-)Verständnis von Identität und Inspiration, das Gundermann mit rigoroser Konsequenz gelebt hat.

Und von der sich dann auch die zahlreichen Zeitzeugen beeindruckt zeigen, die Lemke vor der Kamera zu Wort kommen läßt. In diesem Film, der auch einer Form von, ja, Authentizität nachblickt (nachtrauert?), die im Orkus der Geschichte verschwunden ist. Was bleibt, sind Bilder, Lieder und ein paar Anekdoten. Ein paar Brosamen auf der großen Abraumhalde der Geschichte.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.