Bild: KHAMSA

4. Arabische Filmwoche

06.05.–12.05.2010

Cinémathèque

Mal kurz, mal lang, und immer gut

Ein Blick auf die 4. Arabische Filmwoche

Wie der Name dieser Reihe verrät, lädt die Cinémathèque in Zusammenarbeit mit eurient e.V. bereits zur vierten Runde von Filmen aus Arabien, wobei sich 2010 alles um das Independent Cinema dreht. Grund genug, auf einige Höhepunkte hinzuweisen.

Als solcher erweist sich zunächst LE CHANT DE MARIÉES und entführt nach Tunis im Jahr 1942. Hier verbindet Jüdin Myriam eine enge Freundschaft zur Muslima Nour, die beiden Mädchen teilen ihre Wünsche, träumen von der Liebe. Doch die deutsche Besatzung verändert alles, was Regisseurin Karin Albou abwechselnd mittels intimer, krasser, abstoßender oder poetischer Bilder erzählt, um die Situation vor allem jüdischer Frauen inmitten politischer Unruhen zu verdeutlichen. Ähnlich eindringlich widmet sich KHAMSA dem 11jährigen Marco. Die Stiefmutter hat ihn verstoßen, sein Vater ist ähnlich desinteressiert, nur ein Zigeunercamp bietet dem Jungen Halt. Dort verlebt er eine unbeschwerte, wenn auch teils kriminelle Zeit, muß aber manchen Schicksalsschlag erleiden und schließlich begreifen: Solch ein Leben führt in die Sackgasse ohne Zukunft. Rohe Dialoge und authentische Laiendarsteller sorgen für die nötige Überzeugungskraft.

Besonders sei zudem auf ein klug kuratiertes Kurzfilmprogramm hingewiesen, welches experimentelle Werke junger libanesischer Regisseure und ihre Sicht auf Europa sowie das Ausland allgemein zeigt. So gelingt es AS I RECALL in gerade mal 13 Minuten, formal aufregend praktisch ein Leben zu komprimieren, illustriert FABRAKA die anrührende Annäherung zweier verlorener Seelen in Beirut, oder schlägt THE OTHER ORANGE einen geschickten Bogen vom Quasi-Reiseführer hin zum Politikum. Stark!

Aber weil das Beste immer zum Schluß kommt, gehört an dieser Stelle der Spielfilm THE TIME THAT REMAINS genannt. Vier Episoden lang folgt Elia Suleiman dem Werdegang seiner Familie von 1948 bis heute – vor erneut politischem Hintergrund verbinden sich brillante Visualisierung, Humor zwischen Zynismus und Entlarvung von Zuständen sowie ergreifend emotionale Sequenzen zum ganz großen, aufgeschlossenen Zuschauern ohne jeden Zweifel ans Herz gelegten Kino. Und wie gesagt: Das sind nur die Höhepunkte eines uneingeschränkt zu empfehlenden Programms ...

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...