Lili Marleen

Sie ist schon ein gar blondes Ding, mit allem was dazu gehört, diese Sängerin Willie. Bei einem ihrer Auftritte in stiebigen Kaschemmen ist ein Nazi-Gruppenführer zur richtigen Zeit am richtigen Ort, und wie viele Mannsbilder zuvor verfällt er der üppigen Schönheit. Nach Berlin soll sie, auf die Bühnen dieses Landes. Willie ist geschmeichelt, vermißt aber schwersten Herzens ihren in der Schweiz lebenden und unter höchster Gefahr Ausweispapiere schmuggelnden jüdischen Liebhaber Robert Mendelssohn.

Bald schon beginnt der Krieg, Willies Karriere kommt ins Rollen, und für sie wird das alte Lied der Soldatenbraut "Lili Marleen" ausgegraben und neu vertont. Robert wird verhaftet, sie feiert enorme Erfolge im Nazi-Deutschland, und überall dort, wo deutsche Soldaten Hitlers wahnwitzige Eroberungsfeldzüge bestreiten, herrscht gar Waffenruhe im Kanonengraben, wenn allabendlich über den Äther das Lied aus der Kehle jener Frau erklingt, die für die Soldaten längst zur morbiden Hoffnung namens Lili Marleen geworden ist ...

Einer der letzten Faßbinder-Filme, einer seiner massentauglichsten und dennoch überraschendsten. RWF erzählt mit Theater-Gestus von einer großen Liebe in großwahnsinnigen Zeiten, vom Aufstieg und der Demontage eines Stars, inspiriert vom Leben Lale Andersens. Während Tausende auf den Schlachtfeldern und in den Konzertsälen Lili Marleen lauschen, schneidet Faßbinder das Grauen des Krieges gekonnt und kontrapunktisch zwischen: zerfetzte Leiber, explodierende Städte und ängstliche Gesichter. Lili ist lange Spielball des Führers, sie läßt sich von generösen Geschenken und ungeteilter Aufmerksamkeit verwöhnen und verblenden. Es ist für sie und ihre Liebe zu spät, als sie beginnt zu erkennen, zu reagieren ...

Hanna Schygullas großartige Performance und ein mit rechtem Mut zum romantischen, melodramatischen Geschichtsexkurs erzählter Stoff heben diesen Film in Faßbinders ohnehin imponierendem Îuvre stark hervor.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.

BRD 1981, 116 min
Label: Kinowelt HE

Genre: Liebe, Drama

Darsteller: Hanna Schygulla, Giancarlo Giannini, Hark Bohm

Regie: Rainer Werner Faßbinder