D 2024, 113 min
FSK 6
Verleih: X Verleih

Genre: Tragikomödie, Literaturverfilmung

Darsteller: Charly Hübner, Christiane Paul, Leonie Benesch, Daniel Brühl, Jürgen Vogel, Thorsten Merten, Leon Ullrich, Peter Kurth, Eva Löbau, Steffen Jürgens

Regie: Wolfgang Becker

Kinostart: 11.12.25

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße

Kein Held. Nirgends.

Zunächst ein Blick in die Klischeeschublade: Ein klassischer Ost-Loser, ein windiger West-Journalist, ein grantelnder Ex-Bürgerrechtler, ein jovial schwafelnder Bundespräsident, ein arroganter Stasiunterlagenbeauftragter, ein Ex-Stasioberst im Jagdfieber.

Maxim Leo bot in seinem 2022 erschienenen Roman alles auf, um gängige Ost-West Klischees zu bedienen. Mit Kalkül allerdings. Denn seine mal sanfte, mal bissige Satire lebt vom Klischee – und dessen Dekonstruktion. Mittendrin Michael Hartung, vom Leben arg gebeutelter letzter Videothekar Berlins, den nach 35 Jahren seine Vergangenheit als mutmaßlicher Drahtzieher einer spektakulären Massenflucht per S-Bahn einholt. Geblendet von der Aussicht auf mehr als nur 15 Minuten Ruhm, gerät er schon bald in die Mühlen des deutschen Medien- und Politikbetriebes ...

Ein Stoff, wie gemacht fürs Kino. Der das Zeug hat zum „Crowdpleaser“, neudeutsch für Publikumshit, Wolfgang Becker, mindestens seit GOOD BYE, LENIN! erfahren im Erzählen von (Not-)Lügengeschichten, adaptierte jetzt gemeinsam mit Constantin Lieb Leos Roman. Es ist ein „typischer Becker“ geworden: voller Empathie, schnörkellos inszeniert, weder verurteilend noch moralisierend. Unterhaltungskino im besten Sinne. Hier und da wäre weniger vielleicht mehr gewesen; der Score trägt etwas zu dick auf, den Werbeclipdreh, die Redaktionskonferenz – alles schon mal irgendwo gesehen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

Mit Charly Hübner in der Titelrolle konnte Becker kaum etwas falsch machen – eine gewohnt souveräne Performance. Der gesamte Cast ist ohnehin exquisit und in bester Spiellaune. Vornweg mal wieder Thorsten Merten als übellauniger Ex-Bürgerrechtler Wischnewski im Wolfgang-Thierse-Style. Eine tragikomische Figur, gefangen zwischen Erinnerungskultur und Zeitgeist, in der sich gleichzeitig der auf Lug und Trug aufbauende Plot widerspiegelt. Selbst der „Held“ saß letztlich einer jahrzehntealten Lüge auf ...

Leos Roman endet mit einem hollywoodesken Knalleffekt im Bundestag. Daß sich Becker/Lieb gegen dieses Finale entschieden haben, tut dem Film mehr als gut. Becker verstarb im Dezember 2024, kurz nach Beendigung der Dreharbeiten. Ein paar Filme mehr hätten es gerne noch sein können.

[ Matthias Meinhardt ]

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße ab heute im Kino in Leipzig

  • Mi 10.12.2025

    Cinestar: Premiere | Charly Hübner wird erwartet! 19:00

    Alle Angaben ohne Gewähr!