Originaltitel: DIE MY LOVE
GB/USA 2025, 118 min
Verleih: MUBI
Genre: Drama, Literaturverfilmung
Darsteller: Jennifer Lawrence, Robert Pattinson, Lakeith Stanfield
Regie: Lynne Ramsay
Kinostart: 13.11.25
Lynne Ramsays Filme stecken tief im Bewußtsein ihrer Hauptfiguren. Insofern fügt sich die Literaturverfilmung DIE MY LOVE nahtlos in das überschaubare, aber beeindruckende Oeuvre der Regisseurin ein, die mit Werken wie WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN oder A BEAUTIFUL DAY für Aufsehen sorgte. Gefühlslagen werden in undurchsichtige Chronologien und plötzliche Zäsuren in der Montage übersetzt, die bis zum audiovisuellen Schockerlebnis reichen.
In DIE MY LOVE taugt dazu etwa ein plötzlicher Sprung mit dem Kopf voran durch eine Glasscheibe. Wie die Romanvorlage erzählt auch Ramsays Film von einer Frau, die einfach nicht das Mutter- und Familienglück empfindet, das ihr gesellschaftliche Normen und Ideale versprechen und diktieren. Stattdessen wird das Dasein in der Abgeschiedenheit zu einem aggressiven Alptraum aus unerfüllter Begierde, Langeweile und Einsamkeit. Der Mann ist auf Arbeit. Die Frau soll derweil Kind, Hund und Haus hüten. Ihre Beziehung wird zum Kampf.
DIE MY LOVE wird dabei von einem zurückhaltenden Robert Pattinson und einer furios enthemmten Jennifer Lawrence getragen, die mal ihren Körper in den Kampf gegen das Mobiliar wirft und mal wie ein Raubtier in der Wildnis lauert. Das ist als psychologische Zustandsbeschreibung intensiv und schmerzhaft nah eingefangen, kommt erzählerisch aber wenig voran. Ariana Harwicz’ Romanvorlage kann mit ihrer schieren Sprachgewalt kompensieren, daß das eigentliche Szenario nur grob skizziert bleibt. Ramsays Verfilmung erschöpft sich im Vergleich ein wenig in den repetitiven Spielabläufen und inszenatorischen Mitteln, die doch keine so komplexe Innerlichkeit entfalten, wie es Harwicz’ Prosa gelingt. Auch die drastische Körperlichkeit bleibt in der Verfilmung verhältnismäßig zurückhaltend. Viele Motive sind schnell auserzählt.
Erst gegen Ende gelingt DIE MY LOVE ein ähnlich faszinierendes, desorientierendes Verschwimmen von Bildern und Szenen, in denen man zwischen Hölle und erlösendem Weltenbrand kaum noch unterscheiden kann. Nur: Das Drehbuch, das Ramsay mit Enda Walsh und Alice Birch verfaßt hat, zieht seine Spannung über weite Strecken aus der Frage, welche (selbst-)zerstörerischen Ausmaße die Krise der Hauptfigur noch annehmen wird. Reproduziert der Film damit nicht einen skandalisierenden Blick, den er eigentlich überwinden will?
[ Janick Nolting ]