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Der Traum

Fantastischer Kinderfilm über Gewalt und Widerstand

Es gibt definitiv zu wenig gute Filme für Kinder, ganz besonders in Deutschland. Statt dessen werden hier Filme wie RENNSCHWEIN RUDI RÜSSEL und DIE WILDEN KERLE zu serienreifen Dauerbrennern, obwohl sie nichts anderes tun, als tausendmal gesehene Standarddramaturgien aufzukochen, nicht ohne sie vorher - vermeintlich kindgerecht - noch weiter zu glätten. Solche Filme treiben (nicht nur) cinephilen Eltern die Tränen in die Augen. Auch viele Kinder fühlen sich als Zuschauer nicht ernst genommen. Selten, ganz selten schaffen es aber auch Filme, die für alle Altersstufen gleichermaßen sehenswert sind, in unsere Kinos.

Der mehrfach preisgekrönte dänische Film DER TRAUM ist so ein Juwel. Seine Hauptperson ist der 13jährige Frits, der 1969 nach den Sommerferien auf eine neue Schule kommt und dort schnell mit dem autoritären Schulleiter aneinander gerät. Frits, der jeden Tag im Fernsehen gebannt das politische Weltgeschehen verfolgt, zieht Parallelen zwischen der illegitimen und gewaltsamen Unterdrückung der weltweiten Bürgerrechtsbewegung - die 1969 in der Ermordung des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther Kings gipfelte - und seiner eigenen Situation. Scheint es doch zunächst so, als sei er dem prügelnden Direktor seiner neuen Schule hilflos ausgeliefert, weil sich sowohl seine Mitschüler als auch die Lehrer aus Angst in einer hilflosen Koalition des Schweigens und Vertuschens eingerichtet haben. Als der jähzornige Direktor ihm bei einer Bestrafungsaktion fast das Ohr abreißt, spitzt sich die Situation zu. Frits zeigt den Direktor an, obwohl er angesichts der repressiven Strukturen kaum eine realistische Chance gegen die allmächtige Autoritätsperson hat.

Sogar als seine Eltern schon entmutigt aufgegeben haben, bleibt Frits seiner Maxime vom gewaltlosen Widerstand treu und muß schließlich doch - ganz wie sein großes Vorbild Martin Luther King - eine Niederlage hinnehmen. Die Anzeige wird abgewiesen, weil keiner der Erwachsenen den Mut gefunden hat, sich dem Kartell des Schweigens zu widersetzen.

Wie die Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht, doch noch ein einigermaßen versöhnliches Ende findet, soll hier nicht verraten werden, eins jedoch bleibt festzuhalten: DER TRAUM ist für alle ein Gewinn - Kinder wie Erwachsene.

Originaltitel: DR¯MMEN

DK/GB 2005, 105 min
Verleih: Arsenal

Genre: Erwachsenwerden, Kinderfilm

Darsteller: Janus Dissing Rathke, Bent Mejding, Anders W. Berthelsen, Jens J¿rn Spottag

Regie: Niels Arden Ople

Kinostart: 24.05.07

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.