Originaltitel: DE BATTRE MON COEUR C’EST ARRETÉ

F 2005, 107 min
Verleih: Concorde

Genre: Drama, Musik

Darsteller: Romain Duris, Niels Arrestrup, Emmanuelle Devos, Melanie Laurent

Regie: Jacques Audiard

Kinostart: 22.09.05

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Der wilde Schlag meines Herzens

Wunden muß man spüren

Tom, 28, eigentlich schon zu viele Sorgenfalten im Noch-Jungen-Gesicht, funktioniert eher, als daß er wirklich lebt. Als Immobilienmakler agiert er rabiat, mit wenig Verständnis für Penner, Exilanten und andere unerwünschte Mieter in seinen Objekten. Bei ihm ist vieles über Maß. Die Härte, der Zorn, die Ungeduld mit sich und anderen, das Zittern seiner Hände. Auch seine ausgestellte Kühlheit. Vielleicht kam das Ruhige, das Warmpulsierende in ihm zum ersten Mal zum Stillstehen, als seine Mutter starb. Da war Tom noch klein. Mit ihr, einer begnadeten Pianistin, deren Talent auch er einst hatte, ging auch die Liebe zur Musik.

Auf Umwegen, die das Kino, wenn es von Musik fabuliert, eher selten geht, aus dem rohen, ungeschönten Alltag Toms heraus, erzählt der Film nun, wie ein einstiges Wunderkind zur Kunst zurückfindet und dabei erkennt, daß es Grenzen gibt. In der Lernfähigkeit. In der Kompromißbereitschaft. Auch im Talent. Nach Jahren der Verweigerung übt er nun plötzlich wieder ehrgeizig, fast jähzornig, denn der Agent seiner Mutter lud ihn zum Vorspiel. Eine junge chinesische Frau, die hier auch als symbolischer Gegenpol von Ruhe und Höflichkeit gedacht ist, gibt ihm Stunden, damit er sein einstiges Spielvermögen wiedererlangen kann. Diese Asiatin kann kein Wort Französisch, und so entsteht in der fremdsprachigen, für beide unverständlichen Kommunikation eine erzählerische Parallelebene, die in ihrer Intensität dem sonst so kühl beobachtenden Verlauf eine ganz wunderbare Ergänzung ist. Eine gewisse Komik hält sie außerdem parat.

Ohnehin - ohne oberflächlich zu sein - öffnet sich der Film mehreren komplexen Motiven: die langwierige und hier dann sogar sehr brachiale, blutige Lösung vom Vater, der der Mutter aus dem Zuschauer unbekannten Gründen nie verziehen hat, Toms ewige Angst, sich im Leben doch nicht für die richtige Richtung entschieden zu haben und schließlich das Wagnis eines Neuanfangs.

Durch die Rolle des suchenden Tom verfügt der Schauspieler Romain Duris endlich über eine Facette, die ihn weg vom zu häufig gespielten Rumtreiber, Tagedieb und Liebesstrolch der Klapisch- und Gatlif-Filme führt. Er zeigt eindrucksvoll in seinem Spiel, daß die Dämonen der Vergangenheit so leicht nicht zu besiegen sind. Und daß es oft besser ist, radikal aufzuräumen.

Am Ende, wenn auch mit Narben, verstauchter Hand und blutverschmiertem Hemd im Klavierkonzert, hat Tom seine Bestimmung vielleicht verstanden. Seine kopfschüttelnden Immobilienkollegen hingegen nicht: "Und was bringt Dir das Klavierspielen, so finanziell?".

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.