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Die innere Sicherheit

Sensibel erzähltes Familiendrama

Sie liegen am Strand, picknicken, lesen, geben sich touristisch. Eine Familie, die so normal wie nur möglich sein will, dabei von jedweder Normalität unendlich weit entfernt ist. Daß Clara und Hans eine Tochter haben, gilt als gebrochenes Tabu. Sie sind Terroristen. Ausgestiegene Terroristen, seit fast zwei Dekaden im Untergrund. Daß der Untergrund hier am portugiesischen Atlantik malerisch und nahezu selig erscheint, ist Täuschung. Ständig auf der Hut, permanent in Angst, entlarvt zu werden. Dementsprechend wird jeder Schritt ihrer halbwüchsigen Tochter Jeanne außerhalb des fragilen Kokons unter größter Anspannung verfolgt. Der kleinste Fehltritt wäre das Ende. Dabei sind Hans und Clara kurz davor, sich eine Form der erträglicheren Existenz im weit entfernten Brasilien aufzubauen. Eine Unaufmerksamkeit entpuppt sich als Verhängnis, und die drei sind wieder auf der Flucht, die sie aus finanziellen Zwängen nach Deutschland führt. Als sich Jeanne dort in den jungen Heinrich verliebt, kommt es zur tödlichen Katastrophe...

Ohne Zeigefinger, ohne affektierte Moralapostelei erzählt Christian Petzold eine beklemmende Geschichte über eine fast gewöhnliche Familie. Er wertet nicht, sympathisiert nicht und lechzt nicht nach Provokation, sondern nähert sich mit humanem Respekt diesem sensiblen Gefüge, dieser bedrohten Scheinexistenz, welche die Kreatur Mensch im gegebenen Fall zu leben bereit sein muß.

Petzold ist weit entfernt von hysterischer Sensationsgier. Mit beunruhigender Stille und einem beispiellosen Feingespür erzählt er von diesem Ausnahmealltag, von der distanzierten, frostigen Zwangsemotion innerhalb der Familie. Dieser Film wird auf lange Zeit im deutschen Kino eine Sonderstellung einnehmen. Petzolds Geschichte ist eine Bombe mit Zeitzünder. Er hat damit den deutschen Film unschätzbar bereichert.

D 2000, 102 min
Verleih: Pegasos

Genre: Drama, Polit

Darsteller: Julia Hummer, Barbara Auer, Richy Müller

Regie: Christian Petzold

Kinostart: 08.02.01

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.