D 2017, 103 min
FSK 0
Verleih: StudioCanal

Genre: Kinderfilm, Literaturverfilmung, Abenteuer

Darsteller: Karoline Herfurth, Suzanne von Borsody

Regie: Michael Schaerer

Kinostart: 01.02.18

6 Bewertungen

Die kleine Hexe

Was ist gut und was böse?

Otfried Preußler war ein Phantast und ein Kämpfer. Die Figuren, die der Schriftsteller erschaffen hat, verfügten nicht nur über zauberhafte Kräfte, mit ihrer Hilfe lehnten sie sich auch gegen die da „oben“ auf: Der mutige Krabat gehört dazu, der struppige Räuber Hotzenplotz und die kleine, widerborstige Hexe. Und obwohl „Die kleine Hexe“ 1957 geschrieben und in 47 Sprachen übersetzt wurde, kommt erst jetzt die erste Realverfilmung in die Kinos. Endlich, denn das, was die kleine Hexe will, ist und bleibt, was eigentlich alle Kinder wollen: dazugehören. Weil sie aber erst 127 Jahre alt ist, darf sie nicht mit auf den Blocksberg und zur Walpurgisnacht tanzen, so sagen es die alten Hexen. Sie tut es trotzdem, wird bestraft und muß innerhalb eines Jahres beweisen, daß sie eine gute Hexe ist: „Ich weiß doch aber gar nicht, was gut oder was böse ist?“ Ihr bester Freund ist ein kleiner schwarzer Rabe (herrlich gesprochen von Axel Prahl). Aufwendig in der Postproduktion hineinmontiert, hüpft er dauerhaft an ihrer Seite und überschüttet sie mit Weisheiten: „Dann hör’ in Dich rein, dann weißt Du es“, erwidert er. Das, was die beiden verbindet, ist ihre Warmherzigkeit.

Also hext die kleine Hexe dem bösen Förster liebevolle Worte in den Mund, dem spielsüchtigen Vater versaut sie den Kegelabend, damit er sich endlich mal wieder um den Sohn kümmert, und sie rettet zwei Kinder vor der Verwandlung in Steine. Das alles ist sehr nah an Preußlers Original. Regisseur Michael Schaerer verändert nur Details an dieser Welt, die nicht heile, in den Augen der kleinen Hexe aber heilbar ist.

Karoline Herfurth spielt die kleine Hexe irgendwo zwischen kindlicher Naivität und mütterlicher Klugheit. Die Nase schön verlängert, das rote Haar ist wild und widerborstig, so wie die Hexe selbst. Ihr kleines zugerümpeltes Hexenhaus steht mitten in einem verwunschenen Märchenwald, alles ist herrlich unaufgeräumt – so wie jedes authentische Kinderzimmer. DIE KLEINE HEXE ist unbedingt sehenswert. Auch weil die Erkenntnis nicht nur für Kinder lehrreich ist. Denn obwohl die Hexe fest davon überzeugt ist, nur Gutes gemacht zu haben, steht sie am Ende vor den Trümmern ihrer Taten und muß lernen, daß, wenn man sich treu bleiben will, man nicht überall dazugehören kann.

Nur den Schluß der Geschichte verwandelt Schaerer in einen Rachefeldzug. Erlittenes Unrecht auszugleichen, wären Otfried Preußler und seiner kleinen Hexe nicht in den Sinn gekommen. Sie hofften auf Einsicht, indem sie dem Bösen den Spiegel vorhielten.

[ Claudia Euen ]