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Heinrich der Säger

Sei schräg oder ich schieße!

Man könnte meinen, Regisseur Klaus Gietinger habe schon vor über einem Jahr detailliert von den Stillegungsplänen der Deutschen Bahn erfahren. Unterstellt, daß dem nicht so ist, muß man erstaunt sein, wie genau seine Filmvision nun die Wirklichkeit trifft: Der Bahnhof von Storchenroda samt dazugehöriger Gleisanbindung soll den Sparmaßnahmen der Kommerzbahn zum Opfer fallen. Während nun die Bevölkerung des Örtchens zwar lautstark aber kaum effektiv gegen den infrastrukturellen und beschäftigungspolitischen Kahlschlag protestiert, schreitet Bahnhofsvorsteher Kurt zur mutigen Tat. Unter dem Pseudonym "Heinrich, der Säger" klebt er in altbewährter Erpresser-Manier Drohbriefe zusammen und verleiht seinen Forderungen Nachdruck, indem er des nachts den Schienen per Trennschleifer ein paar strategisch klug plazierte Lücken verpaßt. Doch die Polizei ist dem nachtaktiven Rebellen schon auf der Spur.

Mit solch sympathischer und letztlich auch sozial engagierter Provinzposse ließen sich Herzen erobern, wäre da nicht Gietingers eiserner Wille zur Skurrilität, der nicht nur der Geschichte Gewalt antut, sondern auch dem Darstellerensemble. So gibt Meret Becker in der Rolle von Kurts Tochter Teresa als blondbezopftes Gänsemariechen, das sich im Auftrag Gottes mit der Neunschwänzigen geißelt, zwar recht süß die bauernschlaue Einfalt, bleibt aber im engen Kostüm der grob gehauenen Karikatur stecken.

Und auch das Polizistenduo wird unter Gietingers brachial-komödiantischem Ideenreichtum regelrecht verschüttet, indem er dem Kommissar eine modebewußte Assistentin vom Schlage Lara Crofts zur Seite gibt, die dann auch noch als Undercover-Agentin mit Kurtchen im Bett landet. Schließlich darf man sich freuen, ein scheinbar unumstößliches Gesetz bestätigt zu sehen: im deutschen Osten ist komisch gleich sächsisch und allemal gleich Uwe "Retter des Mundartkabaretts" Steimle.

D 2001, 94 min
Verleih: Arsenal

Genre: Schräg, Komödie

Darsteller: Rolf Becker, Meret Becker, Alexander Beyer, Karina Krawczyk, Uwe Steimle

Stab:
Regie: Klaus Gietinger
Drehbuch: Klaus Gietinger

Kinostart: 09.08.01

[ Sylvia Görke ]