Originaltitel: HERE TO BE HEARD – THE STORY OF THE SLITS

GB 2017, 86 min
Verleih: Filmokratie

Genre: Dokumentation, Musik

Regie: William E. Badgley

Kinostart: 08.11.18

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Here To Be Heard

Punk, Punk, Komma, Strich

Was, bitte, soll aus einem Mädchen werden, das von einer Punk-besessenen Deutschen in diese Welt gesetzt und von Ikone Johnny Rotten zum Bonuskind deklariert wurde, das noch dazu im London der 70er Jahre seine Sturm- und Teeniezeit verbrachte? Richtig, eine waschgenaue Punk-Göre! Ariane Forster hatte mit München so viel zu tun wie Punk mit Deo. Als Geburtsort mochte die Stadt noch durchgehen, Epizentrum aber wurde für Mutter und Tochter die englische Hauptstadt, wo es Mitte der 70er so richtig zu gären begann.

Mit HERE TO BE HEARD – THE STORY OF THE SLITS, so der Originaltitel, erinnert Regisseur William E. Badgley, selbst Hardrockmusiker, an eine Truppe, die als erste echte feminine Punkband in die Annalen eingegangen ist. Zumindest für die ersten Jahre ihres Bestehens galt das Girls-Only-Prinzip, später wurden Männer in der Besetzung offensiv geduldet. Private Liaisons mit Helden des Punk wie Mick Jones und Joe Strummer gab es eh. Sängerin Ariane Forster, die nicht lange so hieß, sondern zu Ari Up wurde, war 14, als sie zu den frisch formierten Slits kam. Bis zum ersten Split im Jahre 1981 war sie dabei und auch, als sich die Band 2005 neu erfand. Erst Ari Ups früher Tod mit 48 setzte den finalen Punkt der Slits. Bis heute werden fast 20 Musiker personell mit ihnen in Verbindung gebracht. Vom ideellen Reichtum, den sie zu vererben hatten, ist noch gar nicht die Rede.

Stilistisch geht HERE TO BE HEARD Wege ohne jegliche Überraschung. Es ist eine klassische Doku sprechender Köpfe, zirkulierend um überlebende Bandmitglieder oder Ur-Slits wie Tessa Pollitt und Paloma Romero oder stilprägende Produzenten wie Dennis Bovell und Adrian Sherwood. Die in Archiv- und Jetztzeitbild und -ton gesetzten Erinnerungen sind lebendig und gelassen, melancholisch und für jüngere Neugierige durchaus gewinnbringend. Denn freilich geht es um gelöste Blockaden und rohe Energie, Adrenalin und Achselhaar, um Antimusik und Einfluß, Anerkennung und öffentliche Stigmata in einer Zeit, in der schon allein der Punk auch am Pranger stand, geschweige denn weiblicher. „Manche können eben nicht mit talentierten Frauen“, ist noch der zahmste Spruch, der fällt.

Für weiterführende Analysen zum hochinteressanten Spät-Slits-Mix aus Erz-Punk und Reggae müßte man schon intensiver in die Platten reinhören. In HERE TO BE HEARD ist einfach zu wenig ausgespielte Musik drin.

[ Andreas Körner ]