Originaltitel: IDENTITY

USA 2003, 90 min
Verleih: Columbia

Genre: Horror, Thriller

Darsteller: John Cusack, Ray Liotta, Amanda Peet, Pruitt Taylor Vince, Rebecca De Mornay, Alfred Molina

Regie: James Mangold

Kinostart: 18.09.03

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Identität

Schlau und blutig wie ein Steak

Es regnet. Die Eheleute York mit Sohn, eine Nutte, ein ehemaliger Schauspielstar samt Chauffeur, ein Polizist mit gefangenem Schwerverbrecher und ein jung vermähltes Pärchen werden von den Wassermassen in irgendein ranziges Motel gespült. Beinahe fällt Mrs. York schon der verwegenen Figuren-Exposition aus ineinander gekrachten und liegengebliebenen Autos zum Opfer und wird die nächste Zeit im Koma verbringen. "Blöd, daß ich keinen in beige hatte", meint der Portier zum Faden, während der Chauffeur die Wunde näht. Der Cop war mal Feldkoch und will der Dirne "was zurecht machen" (Essen). Gruselschatten, Donnerschläge, ein abgetrennter Kopf, zerschlitzte Kehlen - auch mit dem Kennenlernen des übrigen Personals hat man sich völlig umsonst aufgehalten.

Erst irgendwo im letzten Drittel des Drehbuches, als die Szenerie bereits weitgehend entvölkert ist, wird ein tiefenpsychologischer Spezialfall namens Malcolm Rivers eingeführt, um das Gemetzel nachträglich mit Intelligenz zu erleuchten. Wie einem kindlich-groben, mehrfachen Totmacher das gelingen kann? Kaum! In einem sparsamen erzählerischen Paralleluniversum werden Richter und Ärzte Zeugen einer recht schillernden Persönlichkeitsstörung. Sie rettet den Massenmörder vor der Exekution und erklärt die im übrigen Film gemordeten und mordenden Massen kurz und bündig zu krankhaften Facetten seiner selbst. Da will man dann auch nicht weiter nachfragen.

Es regnet immer noch. Das Plakat, auf dem man hier die "Abgründigkeit" vor sich her trug, ist größtenteils aufgeweicht. Ein halb gebratenes, blutiges Stück Filmfleisch bleibt liegen und will einfach aus keiner Perspektive schlau aussehen - genauso wenig, wie die Sättigungsbeilage aus psychopathologischen Versatzstücken, Schlitzer-Trash-Anleihen, Agatha-Christie-Fundstücken und kurzen, handfesten Schrecksekunden innovativ ist. Immerhin: Bei einem kleinen Ausflug in die Welt der Anatomie ist zu erfahren, daß ein Baseball-Schläger wie angegossen in den menschlichen Rachen paßt. Und wenn sich der filmische Bastard schließlich noch als Rechtfertigung der Todesstrafe versucht, scheint wenigstens wieder die Sonne.

[ Sylvia Görke ]