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Jeans

Sinnsuche einer Generation von Hosenträgern

Die Schauspielerin Nicolette Krebitz hat mit Freunden einen Film gedreht. Seither durfte auf Filmfestivals, in Kinos und in Talk-Shows die Verwandlung vom gar nicht häßlichen Entlein zur vielversprechenden Neu-Regisseurin bewundert werden, die frischen Wind in die starren Konventionen des deutschen Filmes bringt.

Worin besteht nun diese Frische? Vermutlich darin, daß Krebitz Laiendarsteller spontan drauflosplappern läßt und sich die lose zusammenhängenden Handlungssequenzen quasi aus dem Gespräch herauskristallisieren. Das führt über eine Auflistung von Frauennamen allerdings kaum hinaus. Typisch männliche Jeansträgergespräche eben. Die Erzählungen am Lagerfeuer und anderen wiederkehrenden Orten erinnern mit ihren Sorgen und Nöten irgendwie an die Peanuts, nur daß die Protagonisten im Film einfach zu alt dafür sind, kiffen und in Berlin wohnen. Und wie bei den Peanuts gleitet die Handlung immer wieder in die Welt der Imagination hinüber.

Oschi, ein kleiner Dicker mit permanentem Dreitagebart und, wenn er scheu aufblickt, Augen wie Teichen, ist der Charlie Brown der Jeans-Gesellschaft. Gemeinsam mit Marc ist er aus der Wohnung geflogen, weil keiner von ihnen die Miete bezahlt hat. Nun muß eine Frau her, die beiden möglichst lange Obdach gewährt. Kein Problem für Marc, denn ihm fallen die Frauen nur so entgegen. Daß er neben Gastgeberin Angie auch gerne mal Oschis Wunschfrauen vernascht, nimmt der ihm nicht allzu übel und träumt mit Charlie Brown weiter vom kleinen rothaarigen Mädchen. Die Frauen revanchieren sich, indem sie Macho Marc in einer Telefonzelle verprügeln und Oschi ein paar romantische Szenen schenken. Bei einem sommerlichen Einbruch in ein leeres Schwimmbad kommt er den Lippen Jana Palaskes ganz schön nahe. Eine andere Kandidatin,Spitzname Mini-Maus, erwacht für eine Tanzeinlage aus dem Koma.

Das Problem des Films benennt Oschi am Lagerfeuer schließlich selbst: "Ich finde nicht den Punkt." Eine Zäsur nach der ersten Szene hätte immerhin einen hübschen Kurzfilm gebracht, in schwarz-weiß und fast ohne Worte: Oschi joggt mit Coco alias Nicolette Krebitz durch den Wald. Als er umknickt und ins Gras fällt, erklimmt diese kurzerhand einen Baum, plündert ein Vogelnest und versorgt beide mit einem Energietrunk. Das Kreisen der heimgekehrten Vogelmutter treibt dem sensiblen Helden eine Träne der Rührung ins Auge.

D 2001, 80 min
Verleih: X Verleih

Genre: Komödie, Liebe, Schräg

Darsteller: Nicolette Krebitz, Marc Hosemann, Jana Pallaske

Regie: Nicolette Krebitz

Kinostart: 01.05.03

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...