Originaltitel: K-19: THE WIDOWMAKER

USA 2002, 138 min
Verleih: Constantin

Genre: Action, Tragödie

Darsteller: Harrison Ford, Liam Neeson, Peter Sarsgaard

Regie: Kathryn Bigelow

Kinostart: 05.09.02

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K-19

Militärgeschichte von unten - eine Tauchfahrt

Man kennt das: irgendeine First Lady wird dazu verdonnert, einem nagelneuen Schiff eine ebensolche Flasche Champagner zwecks guter Fahrt vor den Bug zu knallen. Ob sich Krim-Sekt dafür prinzipiell nicht eignet, kann man nur mutmaßen. Im Falle des ersten sowjetischen Atom-U-Bootes ging die Taufe - glaubt man diesem Film gewordenen Soldatengrabmahl - grundlegend schief: die Flasche blieb heil, die Besatzung nicht.

Regisseurin Bigelow, die als Frau im Action-Genre immer noch eine Ausnahme darstellt, erzählt die Geschichte der K-19, die 1961 im Zuge des Wettrüstens von den Sowjets zu Testabschüssen auf See geschickt wurde, als zwingenden Verlauf einer Katastrophe vom ersten bösen Omen bis zu Tod und Verstrahlung eines Großteils der Besatzung. Die Hauptrolle teilen sich dabei der mittlerweile zum ultimativen Autoritätsgestus versteinerte Harrison Ford als Kapitän Vostrikov, der erste Offizier und ausgewiesene Menschenfreund Polenin/Liam Neeson, ein defekter Reaktor und allerhand Effekte-Schnickschnack aus der U-Boot- und Kriegsfilm-Folklore. Doch auch wenn Bigelow mit der permanenten dumpfen Unterwasser-Geräuschkulisse, den Kameraritten auf hochschnellenden Sprengköpfen und der Bebilderung des desolaten Zustandes von technischem Zubehör ihr von der US-Kritik bescheinigtes atmosphärisches Gespür leidlich unter Beweis stellt: Talent für psychologische Stimmigkeit zeigt sie nicht. So sind die Auseinandersetzungen zwischen dem Kapitän und dem von den Matrosen innig geliebten Polenin nicht immer überzeugend motiviert, ihre einverständliche Zusammenarbeit im Angesicht tödlicher Gefahr ist das verblüffende Ergebnis weniger Filmminuten. Der Rest der international besetzten Crew bleibt weitgehend kollektiver, angstgeschüttelter Brei, aus dem sich nur beim Sterben Individuen lösen.

Wirklich ärgerlich ist, daß unter dem Mantel der Kritik an Karrierismus und Machtpolitik das unverhohlene Bekenntnis zu Patriotentum, heroischer Opferbereitschaft und Staatsraison wabert - ein militaristischer Schinken mit kandierten Beilagen.

[ Sylvia Görke ]