D 2022, 81 min
FSK 12
Verleih: Real Fiction

Genre: Dokumentation

Regie: Sandra Prechtel

Kinostart: 30.03.23

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Liebe Angst

Leben mit dem Trauma

Traumata verschwinden nicht. Nie. Sicher, man kann sie bändigen, unter Kontrolle halten, sich mit ihnen „arrangieren.“ Aber selbst gut domestiziert (therapiert): Sie verschwinden nicht. Im Gegenteil, sie können sich schlimmstenfalls sogar vererben, können auch in der nächsten Generation, in den eigenen Kindern nachwirken.

Kim will reden. Mit Lore, ihrer Mutter. Lore ist Jüdin. Als sie sechs Jahre alt war, wurde Lores Mutter nach Auschwitz deportiert und ermordet. Das Mädchen überlebte, versteckt bei einer anderen Familie. Und bleibt zeitlebens geprägt – traumatisiert – von den Ereignissen, deren Schatten sich später auch auf die eigenen Kinder, auf Tochter Kim und Sohn Tom, legen.

Reden und Zuhören als Bändigung eines Traumas. Wie ein solches sich weitervererben, wie fatal es nachwirken kann in den „Nachgeborenen“, davon erzählt Sandra Prechtels LIEBE ANGST. Die Doku begleitet Kim, blickt mit ihr auf Lore, lauscht den Gesprächen von Tochter und Mutter. Bezeugt das Insistieren der einen, wie das Verharren, das mal unsichere, mal harsche Ausweichen, dann wieder das Öffnen der anderen. Bleibt auch mal allein mit Lore und Kim. Schweigt, schaut und hört ihnen zu. Begleitet die Frauen auf den Friedhof, zu Toms Grab.

LIEBE ANGST ist manchmal schmerzhaft, dann wieder von einer frappierenden Kraft. Zeigt der Film doch still, konzentriert und empathisch nicht nur eine tragische Familiengeschichte, sondern auch ein berührendes Zeugnis der Lebensbejahung als Kampf um die eigene Selbstbewahrung. Einen Kampf, den Lore ihr ganzes Leben lang austrug. Den ihr Sohn Tom verloren hat. Und den Kim nicht aufgibt.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.