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Montags in der Sonne

Brüder zur Sonne, zur Kneipe

Auf der Werft in Vigo an der spanischen Atlantikküste sind die Lichter ausgegangen, vor zwei Jahren schon. Also war es konsequent, daß Santa bei der letzten Demo gegen die Schließung noch eine Straßenlaterne zerdeppert hat, wofür ihm jetzt die Staatsanwaltschaft mit einer 8000-Peseten-Klage am störrischen, ungewaschenen Hals hängt. Sein Kollege Rico war da schlauer. Der ließ sich beizeiten von der Werftleitung auszahlen und hat jetzt eine Kneipe im Hafen. Dorthin tragen sie alle ihr Geld vom Arbeitsamt, ihre Theorien und Ängste, ihren Stolz und Galgenhumor: Amador, dem die Frau weggelaufen ist, José, dessen Liebste es ankotzt, daß sie immer nach Fisch stinkt, weil sie in der Fischfabrik arbeitet, auch wenn er ihr versichert, daß sie nach Meerjungfrau riecht und sie dann wild küßt, Lino mit dem Hundeblick, der sich das Grauhaar färbt, um mit den Jungen bei der Jobsuche mitzuhalten und der das Zeug dann im Bewerbungsgespräch vor Aufregung ausschwitzt, Sergej, der russische Ex-Astronaut, der sich die Sterne von unten besieht, seit es die UdSSR nicht mehr gibt und vor allem Santa, dieser weitherzige charmante Großkotz, Radaubruder und verhinderte Revolutionsführer, der die Lampe schließlich zähneknirschend zahlt, um gleich darauf wieder eine zu zerdeppern.

Holá, Senor Fernando León de Arona! Der Herr Haußmann soll sich mal mit dem käsigen Herrn Lehmann und den anderen flachbrüstigen, intellektuellen Berliner Suffköppen in Ihren wunderschönen farbensatten sonnigen Proletarier-Film setzen und sich zeigen lassen, wie das jetzt wirklich geht, wie man das ganze pralle Leben in so eine kleine Kneipe reinkriegen kann. Sie können das!

Bei diesen Schwerenötern und ihren Nöten jauchzt das Herz, schluchzen die Gitarren und schmelzen Käse-Vertreterinnen im Supermarkt dahin. So verschmitzt pathetisch, melancholisch, beherzt und lebensklug, todkomisch und tieftraurig wie schon lange nichts mehr im Kino.

Originaltitel: LOS LUNES AL SOL

Spanien 2002, 113 min
Verleih: Piffl

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Javier Bardem, Luis Tosar, José Ángel Egido

Stab:
Regie: Fernando León De Aranoa
Drehbuch: Fernando León De Aranoa

Kinostart: 15.01.04

[ Christian Seichter ]