D 2013, 122 min
FSK 12
Verleih: Concorde

Genre: Fantasy, Literaturverfilmung, Romantik

Darsteller: Maria Ehrich, Jannis Niewöhner, Katharina Thalbach, Veronika Ferres, Uwe Kockisch, Axel Milberg, Kostja Ullmann

Regie: Felix Fuchssteiner

Kinostart: 14.03.13

1 Bewertung

Rubinrot

Paroli mit Bestsellerkino von daheim

Ohne der sich jetzt nun wirklich erbärmlichen Geschlechterdebatte um Rainer B., 67 Jahre, Mitglied einer sich auflösenden Gruppierung, mit fataler Neigung zu Trachtenfantasien, neues Futter zu bieten: RUBINROT ist ein Mädchenfilm. Und einer für all die Jungs, die sich noch locker machen können. Die sich einlassen auf eine Mädchenzimmergeschichte, die nicht ohne Reiz ist, weil man sich die glühenden Augen der Leserinnen vorstellen kann, die Kerstin Giers Farbentrilogie in Millionenauflage verschlangen. Und weil es tatsächlich um etwas geht: ums Träumen von einem größeren Selbstbewußtsein, vom Ausbruch aus dem Allüblichen und ja, weil ohne auch doof ist, vom Prinzen auf dem Gaul.

Gwendolyn ist ein tollpatschiger Teen, der sich auf die Hinterbank gedrängt fühlt und in Lederkluft und mit verschmiertem Kajal gegen seine adlige Bande rebelliert. Nur Mama und das Brüderchen halten zu ihr, bei den Shepherds gilt noch Sippenhaft. Gwens Cousine Charlotte ist das Glückskeksblondchen, denn sie ist es wohl, die das sagenumwobene Gen in sich trägt, welches Zeitreisen ermöglicht. Ja, richtig gelesen! Aber da muß man sich auch nicht länger räuspern: Giers Bücher sind halt Fantasy. So soll es sein, und weil eine Zeitreise erst spannend wird, wenn sie richtig Futter kriegt (hier ein Sammelsurium aus Geheimloge, magischem Chronographen und intriganten Siegelringträgern auf allen Ebenen), und weil sich das Personenkarussel noch einmal gehörig dreht, ist es eben nicht die holde Charlotte, die von nun an ins vorzeitliche London düsen wird, sich von Pest und Cholera umzingelt sieht und urplötzlich fechten und reiten kann – sondern Gwendolyn. Und da allein reisen ohnehin oft öde ist, und der Prinz nun schon mal erwähnt wurde, ist es der schmucke Gideon de Villiers, dem Gwen näherkommen darf als damals, als sie ihm das Sekttablett über den Prinzenleib schüttete ...

Man muß schon schmunzeln: Die Reisen ins alte London sind – was die Effekte des „Transports“ angeht – von antikem Charme, die Transformation wird stets durch Körperschütteln, rollende Augen oder Übelkeit eingeleitet. Und doch sind diese Zeitreisen insgesamt von anständigem Schauwert, ordentlichem Witz und genau der Dosis Action, daß eben die toleranteren Jungs nicht gleich wegschlafen. RUBINROT emanzipiert sich durch Charme von den amerikanischen Vorbildern à la TWILIGHT und PANEM. Der Film ist kantiger, eigen, was gut paßt, auch zu den schrägen Typen, die Gideon und Gwendolyn zur Seite gestellt werden: eine schwule Mozartfigur, die immer aussieht wie Kostja Ullmann, eine wunderbar schrullige Großtante (von der unschlagbaren Katharina Thalbach gegeben) und herrlich angezicktes Familienpersonal um die von Grandezza heimgesuchte Sibylle Canonica.

Zum Cast noch: Es gibt die üblichen Aussetzer, hier in Form von Veronika Ferres, die sich einmal mehr fürs Textaufsagen und das Offeneschnütchenstaunen entschieden hat, was aber dem Film egal sein kann, weil er mit Maria Ehrich und Jannies Niewöhner in den Hauptrollen zwei sich ergänzende, über die genreerforderlichen Widerstände zueinanderfindende Gesichter vorweisen kann. Niewöhner spielt sich nach blasiertem Einstieg mit der Wandelbarkeit seiner Figur richtig warm, Ehrich ist von Start an stark. Wenn nun im zweiten Teil, der gern die manchmal noch abenteuerlich verknüpften Handlungssprünge ein wenig sauberer gestalten darf, die Zeitreise weitergeht, dann sollte jedoch bitte auf ein anachronistisches, zu Niewöhners hübschem und an Nicholas Hoult erinnerndem Gesicht so gar nicht passendes Detail verzichtet werden: Gideons Pferdeschwanz. Rein frisurentechnisch ...

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.