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Short Cut To Hollywood

Im Kino nichts Neues

Harpo besang sie in seinem größten Hit „Moviestar“: die Möchtegern-Filmstars. Und vielleicht hat Johannes, 37 Jahre alter Bürohengst, dieses Lied zu oft gehört. Auf jeden Fall setzt er sich in den Kopf, als „John F. Salinger“ über dem großen Teich Karriere zu machen. Doch wie erregt ein deutscher Niemand in Tinseltown Aufmerksamkeit? Richtig: Er läßt sich vom Kumpel den Finger absäbeln und filmt die Amputation, während Bohlen-Zögling Mark Medlock musikalisch das Nicht-Aufgeben preist. Nur leider nimmt davon so ziemlich niemand Notiz, ergo muß als nächstes der Arm dran glauben, was zwar zumindest gelindes Interesse weckt, allerdings immer noch nicht wirklich reicht. Also kommt im nächsten Schritt das Bein dran; schließlich soll der seiner Extremitäten beraubte und zur Fernsehberühmtheit aufgestiegene John F. vor der Kamera sterben. Der Termin ist vertraglich bereits festgelegt.

Das mag ja toll gedacht und anfangs beispielsweise in den genial schlechten Gesangseinlagen auch nett gemacht sein. Auch der herrlich unkorrekte Auftritt als „Baghdad Street Boys“ (Presented By Köstritzer) inklusive aus Klopapierrollen gebastelter Bomben sorgt zu Beginn durchaus für hämische Freude. Doch der bislang gut funktionierende Sarkasmus dreht sich später zunehmend im Kreis, bis er gänzlich zur selbstverliebten Nabelschau absteigt, welche irgendwann bloß noch schreit: „Schaut her, wie mutig unser Film ist!“ Ein Versprechen, welches aber zu allem Unglück kaum eingelöst wird, wenn die Pseudo-Farce letztlich doch nur zum x-ten Male das entlarvt, was man schon zur Genüge kennt, die mediale Profitgier nämlich. Zyniker könnten gar behaupten, daß die Splattereinlagen, der entblößte Penis, überhaupt die gesamte auf Effekt getrimmte Inszenierung sich perfekt in das einreihen, was eigentlich parodiert sein möchte.

Eine echte Satire ist also einfach nicht drin. Andererseits: Dümmlich gackernde „Sommermädchen“ schlenkern aufgepumpte Brüste in die Glotze, Brigitte Nielsen will nach Rundum-Restaurierung ihrer Körperruine das abgesaugte Fett versteigern, eine Ex-„Big Brother“-Kandidatin läßt den eigenen Tod dokumentieren ... Die moderne Tabuloser-Niveauärmer-Blöder-Gesellschaft entwickelt immer neue, ganz reale Auswüchse – vielleicht muß da ein zur Enthüllung antretendes Produkt wie dieses mit den Wölfen heulen, um überhaupt etwas Beachtung zu finden?

D 2008, 94 min
FSK 16
Verleih: Senator

Genre: Persiflage

Darsteller: Jan Henrik Stahlberg, Marcus Mittermeier, Christoph Kottenkamp, Marta McGonagle, Allison Findlater-Galinsky

Regie: Marcus Mittermeier, Jan Henrik Stahlberg

Kinostart: 24.09.09

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...