Originaltitel: THE LIGHT BETWEEN OCEANS

USA/Neuseeland 2015, 132 min
FSK 12
Verleih: Constantin

Genre: Drama, Schicksal, Literaturverfilmung

Darsteller: Michael Fassbender, Alicia Vikander, Rachel Weisz

Regie: Derek Cianfrance

Kinostart: 08.09.16

9 Bewertungen

The Light Between Oceans

Diese Wucht des Lebens

Im Vaterunser sagt sich das so flott: Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Nun hatte das bei Jesus, als er von Schuld und Vergebung sprach, eher materielle Konnotation, wenn man darüber hinaus über Schuld nachdenkt, kommt man sehr schnell zur Analyse dessen, was einen schuldig macht. Wobei Ernüchterung häufig auf dem Fuße folgt: Man hätte es kaum verhindern können. Manchmal kann man nicht anders, als sich schuldig zu machen. Man muß dann nicht gleich damit kommen, daß man sich von Gott entfernt hat, lassen wir die Glaubensleier mal außen vor, aber man hat sich bei profunder Schuld nicht selten vom „Menschsein“ entfernt, obwohl und gerade weil man durchaus menschlich handelte. Und damit eben auch egoistisch. Das Leben ist ein einziger Widerspruch, ein Hadern und Greifen, ein Scherbenhaufen und Hoffnungsschimmer. Womit wir bei Tom und Isabel sind.

Deren Geschichte wird in THE LIGHT BETWEEN OCEANS erzählt, eine wuchtige, aufwühlende und ohne jede Sentimentalität zu Tränen rührende Liebes- und Lebensgeschichte. Es fängt mit einem Ausstieg und Neuanfang an, für Tom erst einmal. Der Kriegsveteran will alles hinter sich lassen, Leid, Tod und Lärm von der Westfront vergessen, da scheint die neue Arbeit genau die richtige: Leuchtturmwärter auf Janus Rock. Nun würde jeder weniger traumatisierte Mensch bei diesem Namen der australischen Insel schon abwinken, für Tom scheint sie ideal, er fühlt sich bereit für die Abgeschiedenheit: der einzige Mensch im Umkreis von 100 Meilen. Nur das Meer, der Wind und er. Als sein Vertrag verlängert wird, muß er zur Unterzeichnung aufs Festland, und da sind sie wieder, diese Blicke zur um einiges jüngeren Isabel. Sie wird seine Frau werden, ihm auf die Insel folgen, um eine Familie zu gründen. Doch das junge Glück zieht böse Fratzen, es beschert Isabel zwei Todgeburten. Eine Zerreißprobe für die Ehe, ein kaum faßbares Leid für die lebenswütige Isabel, eine Tortur für den stillen Tom, der viel zu lange vom Tod umgeben war. Als eines Tages ein Boot angespült wird, auf dem sich ein toter Mann und ein weinendes Baby befinden, werden jede Zerrissenheit, jeder Zweifel, ja, jedes Recht durch eine mehr als nachvollziehbare Lüge vertrieben. Das ohnehin „geborgte“ Glück der jungen Familie gerät aber in komplette Schieflage, als Tom auf die leibliche Mutter des Kindes trifft.

Es gehört Mut dazu, dem Publikum eine derartig heftige und Grenzbereiche streifende Geschichte anzubieten, und doch und genau deswegen ist Derek Cianfrances Film ein Höhepunkt des Kinojahres. Dieses aufwühlende Verhandeln von Recht und Unrecht, dieser unerbittliche Blick in zermarterte Seelen voller Scham und Anspruchsdenken und immer wieder diese Bilder einer die Gemütszustände bestens spiegelnden Landschaft machen THE LIGHT BETWEEN OCEANS zum Ereignis. Allein, wie das Meer eingefangen wird – blutrot bis aschegrau, wüstengelb bis frostblau. Ein Film der Elemente – Wasser, Sturm, Feuer, Licht. Und Liebe. Und um von letzterer und derartigen Herausforderungen, einer weit über jede Loyalität hinausgehenden Prüfung glaubwürdig zu erzählen, da braucht es Schauspieler, die eigentlich alles können.

Von Michael Fassbender kennt man das, und trotzdem überrascht er einen wieder mit seinem unvergleichbaren Spiel, mit dieser virilen und doch verletzbaren Physis, für die er im Kino derzeit allein steht. Und wie Alicia Vikander, die in den letzten wenigen Jahren eine Karriere sondergleichen hingelegt hat, diese Metamorphose einer lebenshungrigen, irgendwie ungezähmten, in jedem Fall unkonventionellen jungen Frau zu einem schwer vom Leben bestraften und sich schuldig machenden Menschen spielt, das macht schlicht sprachlos.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.