Originaltitel: JULES

USA 2023, 87 min
FSK 6
Verleih: Neue Visionen

Genre: Tragikomödie, Science Fiction

Darsteller: Ben Kingsley, Harriet Harris, Jane Curtin, Zoe Winters, Harriet Sansom Harris

Regie: Marc Turtletaub

Kinostart: 01.02.24

2 Bewertungen

A Great Place To Call Home

Jules vom Jupiter (oder zumindest aus der Ecke)

Oha, wer verpaßte Ben Kingsley denn diesen fiesen Fifi?! Tatsächlich trägt der Charaktermime hier unter Aufbietung einiger Würde eine Perücke relevanter Schrecklichkeit, in die man sich reingucken muß. Was zwar nicht ihm, dafür aber der Rolle steht: Senior Milton hat quasi abgeschlossen, sein noch übriger Lebensinhalt sieht vor, ständig erfolglos dieselben beiden Anträge (Stadtslogan ändern, Übergang bauen) einzubringen, ansonsten bleibt wenig: das Verhältnis zur Tochter funktional emotional, der Sohn entfremdet, die Wohnstatt zweckdienlich. Eine im Bild gähnende leere Betthälfte gibt stumme Hinweise auf zerklüftete Wesenslandschaften, Kingsleys Schauspielkunst vertieft weggeschwiegene Gräben.

Plötzlich – oh nein! – gehen die schönen Azaleen drauf, als ein abstürzendes Raumschiff ins Beet kracht. Dem entsteigt ein sanft-gütig blickendes Alien und dreht Miltons vollverkrustete Welt auf links: „Ich bin es nicht mehr gewohnt, nicht allein zu sein.“ Er gewöhnt sich besser schnell dran – neben zwei alsbald zu Komplizinnen aufsteigenden Nachbarinnen wird das Department für Nationale Sicherheit auf den Jules genannten Allbesucher aufmerksam …

Es ist Regisseur Marc Turtletaub da kaum nachzurufen, übermäßig deutlich zu inszenieren – wie zurückhaltend er jenen doch recht gewagten Genremix anpackt, tut gleichzeitig wohl und verschenkt Chancen. Die einleitende Einsamkeitsstudie profitiert von Stille und dezentem Takt, das schüchterne Wachsen unverhoffter Freundschaften wäre durch Lärm behindert worden, drei Darsteller schöpfen vielleicht sogar aus reichen Schätzen eigener Erfahrungen, dem Wissen um immer kompliziertere Näherung angesichts zunehmenden Alters, gefestigter Schrullen und schwer lastender Seelenpäckchen.

Beim Komödienpart dürfte Turtletaub indes mit höherem Ungestüm in die gebotenen Möglichkeiten greifen, zumal entsprechende Versuche – teils ziemlich dunkle – Freude verursachen. Egal, ob Jules’ Raumgleiter sehr speziellen Treibstoff benötigt oder er (sie? es?) Fähigkeiten zeigt, aus deren Einsatz horrible Schwarzhumorigkeit blitzt. Nur eben zu kurz, zu mutlos, zu abgehakt; wo komische Funken Feuerwerke hätten entzünden können, reicht’s bloß zum Sternchenfeuer. Schon schade, obwohl’s am generellen Lob für einen sympathischen Film nix ändert. Welcher final ins Reale reichen mag, wenn Turtletaubs Widmung seinem Vater gilt.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...