D 2016, 98 min
FSK 6
Verleih: Tobis

Genre: Kinderfilm, Tragikomödie, Erwachsenwerden

Darsteller: Luis Vorbach, Jordan Prentice

Regie: Evi Goldbrunner, Joachim Dollhopf

Kinostart: 15.09.16

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Auf Augenhöhe

Mein Vater, der Zwerg

Kinder wollen zu ihren Eltern aufschauen, sie zum Vorbild haben im besten Fall. Was aber, wenn das nicht geht? Und nicht, weil sie nicht den nötigen Respekt verdient hätten, zu viel meckern oder nicht zuhören, sondern einfach, weil sie zu klein sind? Michis Vater ist kleinwüchsig. Dabei hatte der Junge sehnsüchtig auf ihn gewartet. Nach dem Tod der Mutter lebte er jahrelang im Heim, bis die Nachricht vom Vater Tom auftauchte. Die rettende Familie schien in Sicht. Und nun das.

Es ist ein interessantes Szenario, was die Regisseure Evi Goldbrunner und Joachim Dollhopf da entwerfen. „Das ist der Hausmeister“, sagt Michi zu einer Freundin, als Tom gerade zur Tür reinkommt. Der 10jährige weigert sich einfach, die Blutsbande zu akzeptieren. Das Anderssein im Kindesalter ist hart. Kinder wollen so sein wie alle anderen. Michi ist mit einem „solchen“ Vater weit davon entfernt.

AUF AUGENHÖHE erzählt davon, wie sich Vater und Sohn beäugen, annähern und abstoßen und dabei sich selbst und den anderen in neuem Licht sehen. Tatsache ist, daß die Abweichung von der Norm selbst in unserer doch so aufgeklärten Gesellschaft noch immer schief beäugt wird. Dabei scheint der kleinwüchsige Tom seinen Platz gefunden zu haben. Als Steuermann einer Rudermannschaft hat er die großen Jungs stets auf seiner Seite. Sie verteidigen ihn vor verbalen Angriffen und sitzen schon vor seiner Haustür, wenn er mal wieder desillusioniert und als Zwerg angefeindet nach Hause kommt. Doch auch die Freundschaft bröckelt, als Toms Welt durch Michis Auftauchen durcheinander gerät. Plötzlich liegen die Dinge nicht mehr so klar auf der Hand, muß sich Tom – und da machen Vater und Sohn die gleiche Erfahrung – doch in den neuen Verhältnissen erst einmal allein zurechtfinden.

Leider mangelt es an einigen Stellen im Film an Authentizität. Die muskelbepackten Ruderer erinnern an Protagonisten aus einer Werbesendung für Naßrasur, und die Einrichtung des Kinderzimmers scheint eher aus einem IKEA-Werbespot zu stammen als aus einem Kinderfilm. Das ist schade, und ein bißchen weniger Bemühen um Perfektion hätte dem Film nicht geschadet, um die schmerzhafte Suche nach den eigenen Wurzeln zu bebildern.

Dennoch ist AUF AUGENHÖHE letztlich ein herzerwärmender und zukunftsgewandter Film, der die Familie nicht als starres Gebilde, sondern als den Ort beschreibt, an dem man sich geborgen fühlt.

[ Claudia Euen ]