1 Bewertung

Blacktape

Hip-Hop Better Stop!

Das gab es schon einmal, und es ist noch gar nicht so lange her: In der pfiffigen dokumentarischen Erzählung THIS AIN’T CALIFORNIA über die anarchische DDR-Skaterkultur war der Hauptheld stets präsent, aber nie anwesend. Offiziell hieß es, er sei tot. Kann auch sein, er hat nie existiert. In BLACKTAPE geht es um Hip-Hop in Deutschland und einen Typ namens Tigon. Fiktion? Fake? In jedem Falle fatal!

„Dok-Film ist Realität mit Kamera“, sagt Andreas Dresen. Hier versammelt sein Teilzeitkollege Sékou Neblett Menschen, die sich vor der Kamera anständig zu produzieren wissen. Neblett selbst ist Rapper und war Mitglied der offiziell angesagten Formation Freundeskreis. Daß er Insider ist, mochte für Kontakte zuträglich gewesen sein. Für das Genre Dok-Film ist’s nur bedingt. Denn BLACKTAPE findet keine Mitte.

Es soll(te) sich um die Ursprünge vom einheimischen Hip-Hop als Subkultur drehen. Um die 90er also. Darin hat der Streifen wertvolle Minuten, doch es sind nur Sequenzen. Es sind der Spagat in der Erzählhaltung, die Scheu vor Tiefe und ein kaum greifbares Themen- und Stilgewirr, die dem Projekt immer wieder den Halt nehmen. Hier werden mit Falk Schacht und Marcus Staiger zwei Protagonisten aus dem verdienstvollen journalistisch-künstlerischen Underground der Hip-Hop-Szene offeriert, dort kommen zu viele Etablierte wie Max Herre, Fünf Sterne Deluxe oder Thomas D zu müden Statements. Hier wird auf Spurensuche unter anderem in einer in Heidelberger Ex-US-Kaserne präzise zugeordnet, dort verzettelt sich das Gezeigte an einer hanebüchenen Kunst-Action-Thriller-Attitüde.

Denn (angeblich) bekommt Staiger als sperrige Kultfigur des „reinen“ Rap der Straße einen Walkman mit Aufnahmen dieses mysteriösen Tigons zugespielt. Mit Drehteam und Schacht (ebenfalls anerkannt sperrige Kultfigur) macht er sich – heute vom Ehrgeiz getrieben, morgen eher genötigt – auf, um Tigon zu finden. Bald aber hängt auch Neffi Temur, der böse, böse A&R-Hai von Universal Music, an ihnen dran.

BLACKTAPE ist Verschwörungskrücke mit Unterhaltungswert, kein Zeitdokument. Er verheddert sich im selbstgefälligen Kleinklein, statt dem Hip-Hop, seinen Besten im Land und damit dessen Geist und Wesen wirklich nahezukommen. BLACKTAPE wird dem Fan nicht viel Neues mitgeben können, dafür dem Nicht-Fan die Tür vor der Nase zuschlagen. Klassisch gescheitert, nennt man das wohl!

D 2015, 92 min
FSK 6
Verleih: Camino

Genre: Mockumentary, Musik

Regie: Sékou Neblett

Kinostart: 03.12.15

[ Andreas Körner ]