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Bruno Manser

Ein Schweizer Träumer im Regenwald

Die Sonne scheint durch ein wogendes Dach aus großflächigen, hellgrünen Blättern. Die warme Luft ist gesättigt mit Feuchtigkeit, Nebelschwaden ziehen durch den Urwald, aus dem exotische Tiergeräusche und ab und zu die leise Melodie einer Nasenflöte zu hören sind. Inmitten dieses Paradieses steht ein sehniger Mann, bekleidet mit nichts als seinem Lendenschurz und einer Gandhi-Brille und blickt unverwandt in die Kamera. Es ist der Schweizer Bruno Manser, der sich 1984 in den Dschungel von Borneo aufmachte. Sechs Jahre lebt er dort mit den Penan, den heimischen Waldnomaden und lernt von ihnen, im Dschungel zu überleben - nur von und mit dem, was die Natur ihm gibt. Manser dokumentiert alles, zeichnet und fotografiert die Menschen, Tiere und Pflanzen des Dschungels. Nach Hause in die Schweiz schickt er knarzende "Hör-Postkarten" - auf Musikkassetten. Bruno Manser hat sein persönliches Paradies gefunden, und die Geschichte könnte hier enden.

Das tut sie nicht, und wir alle wissen warum. In den 80er Jahren beginnt die Holzindustrie auch auf Borneo verstärkt, die einzigartigen Urwälder abzuholzen. Die scheuen Waldnomaden wissen sich gegen die brachiale Gewalt der Firmen nicht zu wehren - Bruno Manser schon. Er beginnt, aus dem Untergrund den Protest zu organisieren, plant Straßenblockaden und geht später zurück nach Europa, um von dort aus effektiver weiter zu kämpfen. Obwohl die Medien das Thema Regenwald Ende der 80er tatsächlich für sich entdecken, verbessert sich die Lage vor Ort wenig. Immer weiter dringt die Zivilisation in den Urwald vor. Die Penan werden nach und nach seßhaft und vor allem die Jungen wollen gar nicht zurück - sie wollen Fernsehen, Schulbildung und Fast Food. Manser steht an einem Scheidepunkt. In Europa, wo er nie leben wollte, ist er eine Ikone der Umweltbewegung; in seiner Wahlheimat wird er zunehmend belächelt. Im Mai 2000 fliegt er zurück nach Borneo und macht sich allein auf den Weg in den Dschungel, aus dem er bis heute nicht zurückgekehrt ist.

Christoph Kühns schlichte, aber ergreifende Doku gibt sich keinen Verschwörungstheorien hin, sondern zeigt, wie die Einsamkeit langsam von Mansers Leben Besitz ergriff. Neben Manser selbst, dessen Audio-Kassetten und die wunderschönen Zeichnungen dem Film viel Authentizität vermitteln, kommen ausschließlich Penan zu Wort, eine gute Entscheidung, die Bruno Manser - dem Mann zwischen den Welten - sicher am ehesten gerecht wird.

Originaltitel: BRUNO MANSER - LAKI PENAN

CH 2007, 94 min
Verleih: Kool

Genre: Dokumentation, Schicksal

Regie: Christoph Kühn

Kinostart: 24.07.08

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.