Originaltitel: CAPOTE

USA 2005, 114 min
FSK 12
Verleih: Sony

Genre: Biographie, Drama, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Catherine Keener, Chris Cooper, Bruce Greenwood

Regie: Bennett Miller

Kinostart: 02.03.06

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Capote

Aus dem Leben des Ausnahmeliteraten

Gack, gack, gack. Wie ein eitler Ganter mit aufgeplustertem Kropf, gespreizten dicken Fingerchen und eloquenter Zunge steht der erfolgreiche Autor Truman Capote zur Unterhaltung der ausgestellten New Yorker Gesellschaft im Mittelpunkt illustrer Parties. Er, der mit "Frühstück bei Tiffany" zum literarischen Aufsteiger der Saison wurde, scherzt, höhnt, lästert, charmiert, daß sich die Balken biegen. Und kaschiert. Den unsicheren, einsamen, trinkfesten und pillensüchtigen Autor, der in seinen (Sehn-)Süchten weiter gehen und dabei unmerklich tiefer fallen wird - vor allem moralisch, nachdem er in der Zeitung auf einen unglaublichen Mordfall stößt.

Capote recherchiert, fährt zu den Tatorten, nimmt Kontakt zu den gefaßten Mördern auf und läßt sich mit Perry, dem auf den ersten Blick sanftmütigeren der beiden Killer sehr nahe ein. Alles für die Kunst. Eine neue wohlgemerkt, denn Capote erfand mit dem nach der Hinrichtung der Mörder erschienenen Buch "Kaltblütig" das Genre des non-fiktionalen Romans - und schuf einen akribisch verfaßten und sprachlich brillanten Meilenstein der modernen amerikanischen Gegenwartsliteratur. Dieser filmische Ausschnitt aus dem Leben Capotes ist beileibe kein Denkmal geworden, das der Spielfilmdebütant Miller dem Ausnahmeliteraten schuf. Dafür ein aufregend-spannendes Porträt eines exaltierten, zweifelnden und dabei oft gewissenlosen Künstlers, eines, das vor den Schattenseiten der Schreiberseele nicht halt macht. In den beklemmendsten Szenen wird der Betrachter Zeuge, wie der dauernäselnde Federführer den schwarzäugigen Perry beschwindelt, ihn ausnutzt, ihm oft rein sexuell gesteuerte Anziehung als echtes Freundschafts- oder Liebesgefühl verkauft. Um zur puren Wahrheit aus dem Mund eines Killers zu gelangen.

Millers Film besticht durch seinen scharfsinnigen und dabei nüchternen Stil, durch intime Szenen, wie jene, in der sich der alle Nahrung verweigernde Perry durch Capote füttern läßt. Auch eine augenzwinkernde Annäherung ist es geworden. So entlarvt Capotes enge Freundin und Muse Harper Lee natürlich auf den ersten Blick, daß ein ihm so unverschämt schmeichelnder Fahrkartenkontrolleur von Truman vorab persönlich geschmiert wurde. Zu Philip Seymour Hoffman, der Capote ist, muß man eigentlich nicht viel mehr sagen, als daß er es kann. Er kann’s wirklich.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.