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Coherence

Cleverer Sci-Fi-Thriller im Indie-Look

Es beginnt mit Kleinigkeiten. Erst ist der Empfang der Handies nur schlecht, dann zerspringen gar deren Displays, durch die sich Risse ziehen, die fast etwas Menetekelhaftes haben. Denn auch mit der Wirklichkeit, wie wir sie begreifen, stimmt hier etwas nicht mehr. Da ist diese Gruppe befreundeter Paare, die sich in einem Haus in einem Vorort von Los Angeles trifft. Essen, trinken, quatschen. Alles ganz normal also. Inklusive des Umstands, daß kleine Spannungen auszumachen sind im Gefüge. Ein, wenn man so will, mitunter etwas schlechter Empfang bei der Kommunikation untereinander. Die Risse sollen bald hinzukommen, verursacht durch einen inneren Druck, der latent steigt, und der wiederum seine (scheinbare?) Ursache in einem äußeren Ereignis hat: Es ist der Millersche Komet, der gemäß seiner Umlaufbahn alle 100 Jahre an der Erde vorbeifliegt. Just in dieser Nacht ist es wieder so weit.

Schon clever, wie Regisseur James Ward Byrkit sich hier mit Low-Budget-Mitteln an einer Geschichte versucht, die das psychologische Kammerspiel ebenso bedient wie den Sci-Fi-Thriller. Handkamera, Zooms, Riß-Schwenks, Jump Cuts, lange Abblenden zelebrieren dabei geradezu das formale Vokabular eines Independent-Kinos, welches einem John Cassavetes (gerade auch, was die Figurenkonstellation und die Konflikte in dieser angeht) ebenso Referenz erweist, wie der Dogma-Unmittelbarkeit eines frühen Lars von Trier (der im übrigen ja auch schon einen gefährlichen Kometen gen Erde schickte).

In COHERENCE nun verursacht das keinen Weltuntergang, sondern lediglich die Auflösung von Weltgewißheit. Was vielleicht noch schlimmer ist. Der Film spielt ein Spiegel-Spiel, das zunehmend surreal wird: Während des Freundestreffens fällt plötzlich der Strom aus. Rundherum herrscht unheimliche Dunkelheit – bis auf ein Haus, wenige Minuten entfernt. Und was es nun mit diesem Haus auf sich hat, welche Entdeckung es birgt, läßt alle etwaigen Risse zu Klüften werden, in die der Verstand schon mal reinpurzeln kann.

Ohne zu viel zu verraten: Das Personal aus COHERENCE kommt in die ausgesprochen unangenehme Situation, sich quasi selbst gegenüberzustehen. Und bei der Frage, wer hier echt, wer Spiegelung ist, helfen lückenhafte Kenntnisse physikalischer Phänomene nicht wirklich weiter. In einem Alptraum haben Naturgesetze nur begrenzte Wirkung. Ganz im Gegensatz zu den Gesetzen des Kinos. Wie hier bestens zu sehen ist.

Originaltitel: COHERENCE

USA 2013, 89 min
FSK 16
Verleih: Drop-Out Cinema

Genre: Science Fiction, Drama, Thriller

Darsteller: Nicholas Brendon, Hugo Armstrong

Regie: James Ward Byrkit

Kinostart: 08.01.15

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.