Noch keine Bewertung

Crossing The Bridge – The Sound Of Istanbul

Mitreißendes über Schlagertanten und Sozialrapper am Bosporus

Fatih Akin ist nach GEGEN DIE WAND zurückgekehrt. Zurück zu seinen Wurzeln, zurück ins Grandhotel de Londres, dieser feudal anmutenden Absteige, in der sich einst Sibel und Cahit liebten. Nun ist dort der Gitarist der Einstürzenden Neubauten Alex Hacke untergebracht. Hacke hat sich während der Zusammenarbeit mit Akin vor knapp zwei Jahren schwer verliebt: in Istanbul, in türkische Musik, in den Längenkreis, der Kontinente vereint oder - wenn man meint - trennt. Weshalb er nun quasi als Reiseleiter durch die musikalische Vielfalt dieses kulturellen Schmelztiegels, des wahren Nabels zwischen Ost und West, führen darf.

Zwar verfällt er dabei ab und zu in den Duktus eines alternden Onkels mit zurückgewonnenem Kinderstaunen, dennoch ist gerade er der Richtige, da man durch seine Naivität mit ins Schwärmen gerät. Vor allem darüber WIE vielfältig türkische Musik sein kann. Eine Musik, in der es den Begriff "Rock" ewig nicht geben durfte, die ihn aber geboren zu haben scheint. Dafür stehen Legenden wie der altgewordene Erkin Koray Pate. Doch es sind vor allem die Jungen, denen Hacke nachstöbert. So trifft er auf Folksänger, Schlagertanten, Gitarrenrocker und auch auf den mitreißenden Jungrapper Ceza, der erklärt, daß das alberne Gangsta-Gepose der schwerbeklunkerten Ami-Rapper so gar nicht sein Ding ist. Er ist unterhaltsamer, sozialer, politischer und bodenständiger in seinen Zeilen. Und rappen kann er tatsächlich wie kein Zweiter ...

Dieser musikalische Exkurs ist natürlich auch immer ein Kniefall Akins vor der manchmal rauhen, oft märchenhaften Schönheit Istanbuls. Er zeigt die Stadt am Bosporus in schwermütigem Licht, läßt die ergreifende Stimme Sezen Aksus, einer seit den 70ern kultig verehrten Schnulzensängerin, mit ihrer Weisheit über Liebe über die Stadt schweben und gibt Istanbul damit das Gütesiegel, daß alle Gefühle in ihrer Tiefe nur hier zuhause sein können.

Akins patriotische Begeisterung, diese Neugier und dieses Besinnen auf seine Ursprünge stecken an. Und wenn die Rocker von Duman schließlich singen " ... diese Stadt stellt einem Fallen" möchte man ungeschickt ergänzen, daß man gerade nach CROSSING THE BRIDGE nur zu gern in diese tappte.

D 2005, 90 min
Verleih: Pictorion/NFP

Genre: Dokumentation, Musik

Regie: Fatih Akin

Kinostart: 07.07.05

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.