Originaltitel: DANCER IN THE DARK

DK/S/F 2000, 139 min
FSK 12
Verleih: Constantin

Genre: Tragödie, Schicksal, Musik

Darsteller: Björk, Catherine Deneuve, Peter Stormare

Stab:
Regie: Lars von Trier
Drehbuch: Lars von Trier
Musik: Björk, Mark Bell

Kinostart: 28.09.00

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Dancer In The Dark

Meisterwerk von tänzerischer Leichtigkeit und unendlicher Tragik

Schritte zählen. Selma steht auf der Bühne und probt für die Aufführung eines Musicals. Kaum kann sie ihre Mitspieler erkennen, nur tastend bewegt sie sich auf die vagen Umrisse zu. Außer ihrer besten Freundin Kathy kennt niemand Selmas Geheimnis: sie wird blind. Seit Jahren, schon bevor sie aus der Tschechoslowakei nach Amerika kam, weiß sie um ihre Krankheit. Und sie weiß auch, daß ihr Sohn Gene ihr Schicksal teilen muß, wenn er nicht rechtzeitig operiert werden kann. Doch die Behandlung ist teuer. Um das Geld dafür aufbringen zu können, schuftet Selma in einer Metallfabrik an der Stanze, schiebt Zusatzschichten und verdient mit schlecht bezahlten Nebenjobs dazu. Nur eine Leidenschaft gesteht sie sich zu - das Musical. Und wenn sie schon nicht mehr selbst spielen kann, geht sie ins Kino zu Fred Astaire, Ginger Rogers und Gene Kelly und läßt sich von Kathy berichten, was auf der Leinwand passiert.

Endlich! Lange haben wir warten müssen, bis dieses Meisterwerk auch in Deutschland zu sehen ist. Und das Warten hat sich gelohnt. Von Trier scheint wie entfesselt und hat an Dogma-Regeln nur beibehalten, was seiner Geschichte und den Charakteren Leben einhaucht. Ohne Angst vor berauschender Phantasie, als mutigen Balanceakt zwischen tänzerischer Leichtigkeit und fast unerträglicher Tragik inszeniert, wird sich diesem Film niemand entziehen können. Völlig uneitel nähert sich von Trier den Figuren, denn er ist nicht interessiert an makelloser Optik. So wird die Handkamera zum virtuosen Instrument und fordert die Darsteller lockend, abweisend oder registrierend zum Spiel heraus. Und sie findet ihre Meister! Björk lebt ihre Selma, fühlt sich in sie hinein. Keine überdimensionale Geste zerstört die zerbrechliche Figur. Und an Björks Seite erstrahlt Catherine Deneuve in gereifter Schönheit. Die ehemals kühle Blonde verbreitet Wärme, fast Mütterlichkeit.

Gelungen und überzeugend auch die Musicalszenen, die sich trotz des harten Kontrastes zur Tragik der Geschichte selbstverständlich in die Handlung einfügen. Maschinen stampfen rhythmisch, metallene Geräusche fügen sich zu Melodien und die Arbeiter der Fabrik beginnen zu tanzen. Und mittendrin wirbelt sich Selma die Schwere des Lebens aus dem Kopf, wie Ginger Rogers. Der beste Film des Jahres!

[ Sylvia Görke ]