Originaltitel: LE BLEU DU CAFTAN

F/Marokko/Belgien/DK 2022, 124 min
FSK 12
Verleih: Arsenal

Genre: Drama, Liebe, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Lubna Aznabal, Saleh Bakri, Ayoub Missioui

Regie: Maryam Touzani

Kinostart: 16.03.23

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Das Blau des Kaftans

Ein Maalem, keine Maschine

Wer sich zu DDR-Zeiten „etwas Gutes“ zum Anziehen im Exquisit geleistet hat, trug es wie einen guten Kumpel oder die beste Freundin. Es sollte halten. In Marokko ist es der traditionelle Kaftan, der „denjenigen, der ihn trägt, überleben muß.“ So heißt es in DAS BLAU DES KAFTANS, einem bezwingend sinnlichen, wunderbar leisen, die Finger und Farben zelebrierenden Film, und es meint vor allem die Zwischentöne und Allegorien, die in ihm zum Schwingen kommen.

Ihr Mann sei ein Maalam, keine Maschine, sagt die resolute Mina im kleinen Atelier in der Medina von Salé. Ein echter Schneidermeister also ist Halim, der das aufwendige Nähen beherrscht und diesem Handwerk Zeit und Preis beläßt. Wollen einige Kundinnen schnippisch auf Tempo und Nachlaß drücken, sind sie bei Halim und Mina an der falschen Adresse.

Absolut richtig dort ist Yousseff, ein junger, nicht unschöner Mann, der bei Halim in die Lehre geht. Ist er nur einer von vielen, die bald wieder aufgeben, wie Mina vermutet? Falls nicht, könnte es unplanbare Gründe haben. Echte Gefühle zum Beispiel, die mit Zuneigung einhergehen, mit Liebe in so üppig vielen gelebten Konturen und Formen und eben nicht allein jener, die in Marokko unter Strafe steht: Homosexualität.

Dieses feinsinnige Werk von Maryam Touzani kann in knappen Beschreibungen gefährlich schnell auf falsche Fährten führen, auf jene zum Beispiel, die in ihm zu viel schon Gesehenes vermuten. DAS BLAU DES KAFTANS aber überrascht am laufenden Faden, wird hier doch vom sanften, wissenden, fast irritierend gütigen und so gar nicht exzessiv erschütternden Umgang zweier Eheleute mit einem Dritten erzählt. Seide, Samt und sonders!

[ Andreas Körner ]