Originaltitel: EN CORPS

F/Belgien 2022, 118 min
FSK 12
Verleih: StudioCanal

Genre: Drama

Darsteller: Marion Barbeau, Hofesh Shechter, Denis Podalydès, Muriel Robin

Regie: Cédric Klapisch

Kinostart: 08.09.22

1 Bewertung

Das Leben, ein Tanz

Beweg’ Dich!

Die 1979 geborene Dresdner Tänzerin Daniela Lehmann fragte jüngst: „Wer hat uns eigentlich erzählt, daß wir nur bis 30 oder 40 Tänzer oder Tänzerin sein dürfen? Und warum sollten wir das eigentlich glauben?“ Élise, gespielt von Marion Barbeau, einer anderen echten Tänzerin, ist 26, also mittendrin im kreativen Höchstschaffen, und dennoch muß sie sich sehr bald entscheiden, ob und wie es weitergehen kann mit ihrer Leidenschaft fürs professionelle Tanzen. „Nutze alle Leben, die das Leben Dir bietet“, hatte ihre schon verstorbene Mutter gesagt. Nichts anderes hat Élise jetzt vor.

Sie ploppen immer wieder auf, die Tanzfilme im Kino-Tagesprogramm. In etwa wie der gute nimmertote Western und gleichsam mit sehr eigener Klientel bedacht, zum Teil von besten Regienamen getragen. Darren Aronofsky drehte BLACK SWAN, Robert Altman THE COMPANY, Katja von Garnier FLY, Icíar Bollaín YULI, ein letztes Ausrufezeichen setzte der Georgier Levan Akin mit ALS WIR TANZTEN. Nun hat es auch den Franzosen Cédric Klapisch erwischt, doch es war absehbar. Auch in ihm pulsiert eine Passion für Tanz, Moves und Körper, und aus jeder Pore seines wunderbaren Werkes dringt sie durch, steckt an – bewegt jene, die für zwei Stunden nur sitzen dürfen.

Die ersten 15 Minuten, Bühneninszenierung pur, kein Dialog. Es ist zu sehen, worauf es ankommen könnte, doch irgendwie ist auch der Bruch schon zu erahnen. Der Beinbruch. Der Betrug. Élise erlebt beides in kurzem Abstand mit ihrer Kunst, ihrem Freund. Wie sie es annimmt, ist von entwaffnend natürlicher Präsenz, die sich niemals mehr legen wird und DAS LEBEN, EIN TANZ zu Klapischs bislang bestem, weil durchgehend eindringlichen Film macht. Das Mysterium des menschlichen Körpers tritt an gegen die Schulmedizin, doch es fehlt noch jede Zeigefingerei. Élise darf suchen im Minenfeld der Entscheidungen, hat zwei Schwestern und einen Vater an ihrer Seite, die wissen und fordern. Auch heraus!

In der Bretagne wird Élise im rauhen Wind ihre Seele lüften. Sie wächst hinein in die freie Künstlergruppe des israelischen Choreographen Hofesh Shechter, wird eine neue Liebe nähren und eine erhoffte enttäuschen, den Wert der Älteren erkennen und ihren eigenen, wird im Unperfekten eine Botschaft an sich selbst formulieren. Klapisch gelingt die einfach starke Version eines Tanz- und Lebensfilms, der ein lautes Ja zu beidem in sich trägt.

[ Andreas Körner ]