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Davids wundersame Welt

Schwärmerisches Kindheitsporträt

Kino vermag vieles. Manchmal ist es die Eintrittskarte in die Welt eines wundersamen Eigenbrötlers, eines Außenseiters. Man begegnet FORREST GUMP, erfährt mehr über GARP UND WIE ER DIE WELT SAH oder betritt DAVIDS WUNDERSAME WELT.

David Wiseman. Auf den ersten Blick ist der 11jährige zu scheu und unspektakulär, um den Zuschauer zu fesseln. Doch auch er sieht das Leben mit einem besonderen Blick, verwandelt alltägliche Ereignisse in magische Momente. Und David liebt Cricket. Das Problem ist nur, daß er wirklich gar kein Talent hat für das Spiel, dessen Regeln man nur auf der britischen Insel zu verstehen scheint. Seinem Vater bleibt keine Zeit, mit David zu trainieren, hat er doch alle Hände voll zu tun, mit einem Textilladen die Familie über Wasser zu halten.

Seine Mutter schmeißt den Haushalt und ist eigentlich viel zu jung dafür, wie soll sie ihm da helfen? Freunde hat David auch keine, denn seine Eltern sind jüdische Einwanderer aus Deutschland. Im London der 60er ist man da doppelt Außenseiter. Ein verächtlicher Blick von Miss Wilson, der Nachbarin, ist dafür Beweis genug. Nun ist aber das Erstaunliche an David, daß all diese Dinge an ihm abperlen. Er ist ein wacher Junge, spielt unbehelligt und erfolglos weiter seinen Sport und sammelt Cricketkarten. Dann zieht der farbige Hüne Dennis mit seiner Familie im Nachbarhaus ein und baut im Garten ein winziges Cricket-Feld auf. David ist fasziniert, er lernt bei Dennis die Spieltechnik. Doch der Nachbarschaft behagt die Freundschaft des jüdischen Jungen mit der jamaikanischen Familie nicht.

Paul Morrisons Film besticht vor allem durch Leichtigkeit und wunderbare, emotionale Genauigkeit. Da stolpern Davids Mutter und Dennis ungewollt in eine Affäre, da braut sich Ausländerfeindlichkeit in der Nachbarschaft zusammen, und Davids einziger Fehler ist es, feige zu sein. Doch er überwindet sich, tritt Miss Wilson und damit all den Miss Wilsons dieser Welt entgegen, die in ihrem kleinen Schubladengehirn nicht weiter denken als bis zur nächsten Straßenecke und damit den Nährboden für Ungerechtigkeit bereiten.

Daß DAVIDS WUNDERSAME WELT trotz all dieser Ernsthaftigkeit seinen zauberhaften Hauch atmet, liegt an dem selbstvergessenen Blick der jungen Hauptfigur. Ein Film so magisch, wie ein Ausflug in die eigene Kindheit.

Originaltitel: WONDROUS OBLIVION

D/GB 2003, 106 min
Verleih: Senator

Genre: Erwachsenwerden, Drama

Darsteller: Sam Smith, Delroy Lindo, Emily Woof

Regie: Paul Morrison

Kinostart: 15.07.04

[ Roman Klink ]