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Der Barbier von Sibirien

Ausuferndes Liebesepos im zaristischen Rußland

Im Zug nach Moskau landen der russische Offiziersanwärter Andrej Tolstoi und die Amerika-nerin Jane im selben Abteil. Andrej himmelt die schöne Fremde schüchtern aber offensichtlich an, und Jane ist amüsiert vom Lausbubencharme des jungen Mannes. Doch unvermittelt trennen sich ihre Wege wieder. Jane sucht den alten McCracken auf, von dem sie engagiert wurde, um die Finanzierung seiner Erfindung - eines monströsen, mobilen Stahlungetüms zum Fällen von Bäumen - zu sichern. Andrej geht in der Militärschule seiner Ausbildung nach. Doch das Schicksal führt die beiden immer wieder zusammen und aus Schwärmerei wird allmählich Liebe, die allerdings von rasender Eifersucht und fatalen Mißverständnissen überschattet wird. Nach einem wütenden Angriff auf seinen Vorgesetzten General Ratlov wird Andrej zu Haft und anschließender Verbannung nach Sibirien verurteilt.

Der aufmunternde Schlachtruf "Mut zur Länge!" scheint bei Nikita Mikhalkov auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. Viel hat er zu erzählen, und noch mehr will er zeigen. Fraglich bleibt jedoch, ob der immense Zeitaufwand wirklich nötig gewesen wäre. So gönnt sich Mikhalkov den Luxus einer Rahmenhandlung, durch die er sich nach dem Matroschka-Prinzip erst zum Eigentlichen hindurch kämpft. Man sieht Jane - Jahre nach ihrem Aufenthalt in Rußland - einen Brief an ihren Sohn schreiben, in dem sie ihm von den Ereignissen dieser Zeit berichtet. Und auch der Sohn wird bei seiner Ausbildung in einem amerikanischen Militär-Camp gezeigt. Immer wieder drosselt Mikhalkov so das Tempo, ohne wirklich neue Perpektiven zu schaffen.

Zweifellos imposant sind die schwelgerischen Bilder, in denen Bälle, Militärparaden oder das Eislaufen auf der Wolga festgehalten sind. Doch letztlich fügen sie der reichlich sentimentalen Geschichte nur weitere Schnörkel hinzu. Und unter all der Verzierung lugt so etwas wie die russische Seele hervor, die eben doch wieder nur aus Wodka, Kaviar und Rührung zu bestehen scheint.

Originaltitel: THE BARBER OF SIBERIA

F/Rußland/I/Tschechien 1998, 177 min
Verleih: Arthaus

Genre: Historie, Liebe

Darsteller: Julia Ormond, Richard Harris, Oleg Menshikov

Regie: Nikita Mikhalkov

Kinostart: 28.12.00

[ Sylvia Görke ]